Herne. . Auch die Herner Grünen haben sich am Samstag an dem bundesweit durchgeführten Themen-Mitgliederentscheid zur Bundestagswahl beteiligt. Aus anderen Herner Parteien gab es auch Kritik an der Aktion.

Der Laubfrosch landete dann doch nicht auf Platz 1: Beim Themen-Mitgliederentscheid der Herner Grünen wurden am Samstag die meisten Kreuzchen nicht wie in einer Probeabstimmung vor zwei Wochen bei der Sicherung des Naturschutzes gemacht, sondern bei Forderungen wie „Die Massentierhaltung beenden“ und „Niedriglöhne abschaffen“.

Gewonnen hat aus Sicht der Partei aber auch diese bundesweit erstmals durchgeführte Form der Mitgliederbeteiligung. „Ich schätze dieses Verfahren sehr, weil es mitgliederfreundlich und transparent ist“, sagt Renate Reinhold, die seit 1982 Mitglied der Grünen ist. Und auch ihr Parteivorsitzender Dietmar Jäkel zieht eine positive Bilanz (siehe Bericht rechts). Andere Herner Parteien bewerten die Grüne Offensive auf WAZ-Nachfrage dagegen zurückhaltend bis kritisch.

Linke-Sprecher Markus Dowe bezeichnet den Grünen-Entscheid sogar als Witz: „Demokratie besteht nicht aus Abstimmung, sondern aus Partizipation“, betont er. Die Linke wende dieses Prinzip durch zahlreiche Beteiligungsmöglichkeiten – auch bei der Erarbeitung des Wahlprogramms – auch an. Das nimmt allerdings auch die Herner Grünen-Bundestagskandidatin Sabine von der Beck für ihre Partei in Anspruch: Rund 2000 Änderungsanträge habe es von der Basis fürs Bundestagswahlprogramm der Grünen gegeben, berichtet sie.

Auf Urwahl verzichtet

Auf die langjährigen Erfahrungen der Herner CDU bei der Mitgliederbeteiligung verweist Vorsitzender Markus Schlüter: „Wir haben schon vor vielen Jahren das Delegiertensystem bei Parteitagen abgeschafft.“ Alle Mitglieder hätten dadurch vor Ort die Chance, bei wichtigen Entscheidungen mitzustimmen und die Grundrichtung der Politik zu beeinflussen. Die Themengewichtung der Grünen halte er für problematisch, weil die Bevölkerung möglicherweise andere Interessen habe als Mitglieder. Das sieht FDP-Chef Thomas Bloch ähnlich. Die Grünen-Befragung hat für ihn etwas von einer „Alibi-Veranstaltung“. Die FDP beteilige Mitglieder schon seit Jahren über Soziale Netzwerke und das Internet, sagt Bloch.

SPD-Vorsitzender Alexander Vogt wollte die Aktion der Grünen gegenüber der WAZ nicht bewerten. Er betont, dass die SPD zur Erstellung des Bundestagswahlprogramms in einen breiten „Bürger-Dialog“ eingetreten sei. Und: Die Herner SPD habe ein „aufwendiges Verfahren“ gewählt, um Mitgliedern möglichst früh die Kandidaten für die Bundestagswahl vorzustellen. Den letzten Schritt – Urwahl der Kandidatin – ist die SPD allerdings nicht gegangen, sondern setzte stattdessen aufs Delegiertenprinzip.

Kreuzchen machen bei Kaffee und Kuchen

Insgesamt 24 der rund 80 Herner Mitglieder folgten am Samstag dem bundesweiten Aufruf, beim Themen-Mitgliederentscheid Prioritäten zu setzen und aus 58 bereits beschlossenen Programmpunkten zur Bundestagswahl neun Favoriten auszuwählen. Weil auch Briefwahl (an die Adresse der Bundespartei) möglich war, geht Parteichef Dietmar Jäkel davon aus, dass die Wahlbeteiligung bei rund 50 % liegt. „Mitglieder setzten sich durch dieses Instrument stärker mit Themen auseinander“, so Jäkel. Und: In den Medien verschaffe die Aktion der Partei zusätzliche Aufmerksamkeit.

Bundestagskandidatin Sabine von der Beck hat u.a. „Energiewende vorantreiben“ angekreuzt. „Als Mutter von zwei Kindern ist mir dieses Thema sehr wichtig“, sagt sie. Und: Die Energiepolitik sei 1997 auch der Grund für ihren Parteieintritt gewesen.

Und diese neun Themen haben für die Herner Grünen Priorität: Massentierhaltung beenden, 100 % erneuerbare Energien, Heimat von Storch und Laubfrosch sichern, Niedriglöhne abschaffen, Kommunalfinanzen stärken, Staatsverschuldung abbauen, Betreuungsgeld abschaffen, demokratische Beteiligung fördern, für ein menschliches Europa.