Herne. . Das Theater im Rathaus Essen zeigte im Kulturzentrum „Kollaboration“ als nuancenreiches Kammerspiel um Richard Strauss und Stefan Zweig. Damit endet die diesjährige Abo-Theater-Reihe des Kulturamtes.

Ronald Harwoods Drama „Kollaboration“, 2008 in England uraufgeführt, thematisierte am Donnerstagabend im Kulturzentrum in einer Produktion des Theaters im Rathaus Essen unter der Regie von Wolfgang Engel das Verhältnis des Komponisten Richard Strauss zum jüdischen Autor Stefan Zweig.

Repression im Nationalsozialismus

Die Einheitsbühne von Horst Vogelgesang zeigt einen gutbürgerlichen Salon mit schweren dunklen Möbeln und einem Flügel. Hier spielen sich die Treffen zwischen dem Musiker und dem Dichter ab, in denen der alternde Richard Strauss (Peter Bause) den jüngeren Schriftsteller Stefan Zweig (Matthias Freihof) zur Zusammenarbeit an einer neuen Oper zu gewinnen sucht. „Ich muss eine Oper schreiben oder ich muss sterben“, beschwört er den Autor. „Der Text ist ein Gerüst, an dem ich mich aufrichten kann.“ Über seine künstlerischen Projekte ignoriert er alles andere, vor allem die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen durch den in Deutschland aufkommenden Nationalsozialismus, der auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen des Juden Stefan Zweig und seiner Sekretärin und Lebensgefährtin Lotte Altmann (Marlen Ulonska) in Österreich zunehmend überschattet.

Die Frage der Verantwortung des Künstlers in der Gesellschaft zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk: „Meine Partei ist die Kunst“ ist die Position, die der alternde Richard Strauss vertritt. In unglaublicher Naivität meint er, mit dem neuen Regime spielen und es sich durch eine oberflächliche Zusammenarbeit doch weitgehend vom Leib halten zu können. Der Ernst der neuen Situation wird ihm im Gegensatz zu Stefan Zweig erst bewusst, als der Sonderbeauftragte der Reichskulturkammer Hans Hinkel (Thomas Martin) ihn und seine Frau Pauline (Hellena Büttner) in rücksichtslosem Ton mit dem Hinweis auf seine jüdische Schwiegertochter und seine halbjüdischen Enkel erpresst.

Peter Bause gestaltet den Komponisten in Wolfgang Engels nuancenreichem Kammerspiel mit fulminanter Verve als dominanten, liebenswert-jovialen Egozentriker, der selbst noch im Entnazifizierungsverfahren auf den Sonderstatus des Künstlers pocht. Sein Gegenpol ist der Intellektuelle Stefan Zweig. Seine Sensibilität und Zerrissenheit, die schließlich auch zum gemeinsamen Freitod mit seiner Frau Lotte Altmann in Brasilien führen, lässt Matthias Freihofs subtiles Spiel überzeugend lebendig werden. Helena Büttner, Marlen Ulonska, Thomas Martin und Wolfgang Kremer als Dresdner Opernintendant Paul Adolph runden ein stimmiges Ensemble in dieser mitreißenden Aufführung ab.