Herne. . Am Samstag wählt die Herner CDU einen neuen Vorstand. Parteichefin Renate Sommer wird nicht wieder für den Vorsitz kandieren. Im WAZ-Interview zog die Europaabgeorndete eine Bilanz.

2010 übernahm Renate Sommer nach dem Rücktritt von Ulrich Finke kommissarisch den Vorsitz in der Herner CDU.

2011 bestätigten die Christdemokraten die 54-jährige Europaabgeordnete im Amt. Beim Wahlparteitag am Samstag wird Sommer aber nicht erneut antreten. Im WAZ-Interview zog sie eine Bilanz.

Sie treten nach knapp drei Jahren als CDU-Vorsitzende ab. Waren es drei gute oder drei schlechte Jahre für die Herner CDU?

Renate Sommer: Ich denke, es waren drei gute Jahre für die CDU.

Sie haben nach Ihrer Wahl 2011 erklärt, die Herner CDU inhaltlich voran bringen zu wollen. Ist Ihnen das gelungen?

Das ist mir gelungen. Wir haben aufgehört, uns nur noch mit uns selbst zu beschäftigen Stattdessen haben wir uns wieder der inhaltlichen Arbeit gewidmet.

Wo haben Sie aus Ihrer Sicht inhaltliche Akzente setzen können?

Wir haben Bürgerversammlungen zu dem Thema Wasser gemacht, das eine wirklich große Rolle spielt, weil es ja alle betrifft. Wir haben auf verschiedenen Ebenen der Partei aber auch andere Themen angepackt – zum Beispiel in der Veranstaltungsreihe im Stadtbezirksverband Herne-Mitte mit Junger Union und Mittelstandsvereinigung. Das ist ein sehr gutes Format. Wir haben nicht nur im eigenen Saft geschmort, sondern haben uns wieder nach außen geöffnet. Der Erfolg gibt uns Recht.

Sie haben nach dem Rücktritt Ihres Vorgängers Ulrich Finke erklärt, die CDU wegen ihrer Belastung als Europaabgeordnete nur kommissarisch führen zu wollen. 2011 haben Sie sich dann doch wählen lassen, nun treten Sie nicht mehr an. Haben Sie die Aufgabe unterschätzt oder sich selbst überschätzt?

Daran kann man das nicht festmachen. Ich habe kommissarisch den Vorsitz übernommen, weil es als erste stellvertretende Vorsitzende meine Pflicht war. Ansonsten hätten wir Neuwahlen durchführen müssen. Es ist dann auch sehr gut gelaufen. Viele Leute aus der Kreispartei kamen auf mich zu und baten mich, weiterzumachen. Ich habe festgestellt, dass es durchaus machbar ist.

Und was hat sich jetzt daran geändert?

Wir gehen auf die Europa- und Kommunalwahlen zu, die ja 2014 beide am selben Tag stattfinden werden. Die Gleichzeitigkeit hat mich zum Nachdenken gebracht. Natürlich hätte ich mich durchhangeln können, aber das wäre nicht positiv für die Kreispartei gewesen. Ich habe einen anderen Anspruch an den Kreisvorsitz und damit auch an mich. Wenn niemand in der CDU den Finger gehoben hätte, hätte ich aber erneut für den Vorsitz kandidiert. Ich habe das sehr gerne gemacht.

Werden Sie am Samstag für ein anderes Vorstandsamt kandidieren?

Nein, weil ich nicht mehr die Gelegenheit hätte, an den Vorstandssitzungen teilzunehmen. Markus Schlüter, der Kandidat für den Vorsitz, plant, die Kreisvorstandssitzungen wieder in die Mitte der Woche zu legen. Das ist für mich nicht machbar, weil ich unter der Woche in Brüssel bzw. Straßburg bin. Ich hielte es deshalb für falsch, mich wählen zu lassen.

Hat Ihr Verzicht auf eine Vorstandskandidatur auch mit ihrem designierten Nachfolger zu tun? Man hört, dass Sie sich nicht gerade nahe stehen.

Nein, das hat mit Markus Schlüter nichts zu tun. Politisch und inhaltlich sind wir uns nicht uneinig. Und ich habe auch immer gesagt, dass ich mich nicht als die dauerhafte Lösung für den Kreisvorsitz sehe.

Die CDU leidet wie auch andere Parteien unter einem Rückgang der Mitgliederzahlen und einer Überalterung der Mitgliedschaft. Welche Erfahrung haben Sie in den vergangenen drei Jahren gemacht: Kann man diese Entwicklung überhaupt aufhalten?

Das ist unglaublich schwer. Es scheint ein gesellschaftlicher Trend zu sein, dass man sich nicht mehr festlegen will. Das betrifft aber alle Parteien, wie Sie richtig sagen. Es betrifft aber auch alle möglichen Vereine und Organisationen. Wir versuchen natürlich, gegenzusteuern. Aber für die Parteien ist der Mitgliederstatus auch immer davon abhängig, was gerade in der Bundspolitik läuft. Wir versuchen z.B., unsere jungen Leute zu fördern und diese in Ämter und Mandate zu bringen. Junge Leute ziehen immer auch junge Leute nach sich.

Die Herner CDU-Basis hat sich vor zweieinhalb Jahren gegen die vom Vorstand eingeleitete Parteireform entschieden, die praktisch zur Abschaffung der Ortsverbände geführt hätte. Empfinden Sie eine gewisse Genugtuung, dass der Prozess der Fusionen in den Ortsverbänden ständig voranschreitet?

Nein, Genugtuung kann man das nicht nennen. Die Partei hat sich damals dafür entschieden, dass sie diese Entscheidung an der Basis selbst treffen will. Die Mitglieder wollten, dass die Struktur – Ortsverbände mit gewählten Vorständen – so bestehen bleibt. Das muss man akzeptieren. Die Partei ist aber auch nicht unvernünftig. Deshalb haben sich sehr schnell weitere Ortsverbände zusammengeschlossen, um wieder effizienter nach außen auftreten zu können. Das ist eine gute Entwicklung.

Die SPD hat zwar in Herne ihre absolute Mehrheit verloren, ist aber nach wie vor die mit Abstand stärkste politische Kraft. Haben Sie die Hoffnung, dass sich dies einmal ändern könnte?

Die Hoffnung stirbt zuletzt (lacht). Es ist nichts Gottgegeben. Ich darf an das Jahr 1999 erinnern: Damals haben wir die SPD beinahe geschlagen. Das hat die Genossen nachhaltig beschäftigt; sie haben sich mental nur sehr langsam davon erholt. Nach wie vor muss der Grundsatz gelten: Eine Demokratie lebt vom Wechsel. Und wenn man die Demokratie lebendig halten will, muss man bei der Wahl auch mal überlegen, ob man weniger auf die Farbe der Partei schaut als vielmehr auf die inhaltliche Arbeit.