Herne. . Historische Bausubstanz entdeckt: Zwei Aborte aus der Gründungszeit freigelegt. Große Freudebei den Verantwortlichen. Neue Attraktion für Museumsbesucher
Im historischen Schloß Strünkede haben Denkmalpfleger und Archäologen eine große Entdeckung gemacht: In den Wänden der ersten Etage verstecken sich kleine Nischen. Die sind zugemauert, mit Zement verstopft und von innen mit unzähligen Farbschichten bedeckt. Was sich hinter den Nischen verbirgt? Nun ja, es sind, um es vornehm auszudrücken: historische Aborte. Die beiden ehemaligen Räume für die Notdurft sind während des Baus des Schlosses entstanden, also um 1594. „Damit gehören sie zu den wenigen Zeugen der Gründungszeit“, weiß Museumsleiter Oliver Doetzer-Berweger. Schon länger haben die Mitarbeiter des Museums vermutet, dass sich hinter den modernen, weiß getünchten Wänden ein kleiner Schatz versteckt. Eine Bestätigung über mögliche historische Toiletten gaben Abbildungen des Schlosses, auf den Erkerfenster zu sehen waren – typisch für spät- und nachmittelalterliche Bauten.
Spurensuche im Schloss
Für Peter Barthold von der LWL-Denkmalpflege waren die vergangenen Tage sehr besonders: In schweißtreibender Arbeit hat er die Wand vor den Nischen eingerissen, hat Schutt und Unrat entfernt und ist auf Spurensuche gegangen. In den winzig kleinen Nischen findet sich alles, was für den damaligen Gang zur Toilette notwendig war: Eine Aussparung für ein Holzbrett als Sitzfläche, ein Fenster und sogar eine kleine Nische, in der man eine Kerze abstellen konnte, um den Weg zurück zu finden durch die dunklen Gänge des Schlosses.
Am Mittwochnachmittag wurden die beiden historischen Nischen erstmals vorgestellt – wenige Stunden nach ihrer Öffnung. Wann die breite Öffentlichkeit die spektakuläre Entdeckung zum ersten Mal bewundern darf, ist indes noch nicht klar. Doetzer-Berweger möchte den Museumsbesuchern jedoch so schnell wie möglich die Nischen präsentieren. Am liebsten schon im Juli, wenn im Emschertal-Museum eine neue Ausstellung eröffnet wird. „Über die Art der Präsentation werden wir noch mit Innenarchitekten sprechen“, so Museumsleiter Doetzer-Berweger.
Auch was mit dem Innenleben der beiden Kammern passiert, muss noch geklärt werden: diverse Steine und Baumaterialien, ein alter Zementsack, eine alte Zeitung aus dem Jahr 1912. Für Peter Barthold und Archäologin Linda Oberste-Beulmann ist es eine der spannendsten Aufgaben, herauszufinden, aus welcher Zeit die einzelnen Fundstücke stammen. „Für andere sind Reste von Schiefer, Schwemmstein und Koks vielleicht nur Kleinigkeiten“, sagt Barthold, „für mich ist die Beschäftigung mit diesen Sachen sehr aufregend. Denn sie haben alle etwas mit der Geschichte der Stadt Herne zu tun“.