Herne. . Herner Tabakwarenverkäuferin Annette Kaluza wehrt sich gegen neue EU-Richtlinie und lädt lokale Politiker ein. Ihr Kleiner Bahnhofsladen wurde zur politischen Bühne

Annette Kaluza steht in ihrem kleinen Tabakwarenladen im Herner Bahnhofsgebäude. Sie verkauft Lottoscheine, Getränke und – Zigaretten. Jetzt befürchtet die 60-Jährige, dass viele Kunden wegbleiben. Denn die Kommission der Europäischen Union hat eine Tabakproduktrichtlinie auf den Weg gebracht, die den Handel einschränken soll.

Bilder von schwarzen, verklebten Raucherlungen, von grauen Zahnlücken und Zetteln am Zeh sollen bald 75 Prozent der Vorder- und Rückseite einer jeden Zigarettenschachtel einnehmen. Einheitsverpackungen sollen her, mit mindestens 20 Zigaretten, ohne Werbeaufdruck. Die Marke soll nur noch bei ganz genauem Hinsehen erkennbar sein. Auch Mentholzigaretten und Slim-Produkten droht das Aus. Kaluza ist entsetzt: „Mein Sortiment wird deutlich kleiner werden, also denke ich, dass auch weniger Kunden zu mir kommen werden“.

Wahlkampf im Tabakladen

Bis die neue Richtlinie in Kraft treten wird, dauert es noch viele Monate: Bis 2015 ist die Einführung der neuen Verkaufsregeln von den Mitgliedsstaaten geplant. Doch schon jetzt läuft so mancher Politiker Sturm gegen diese Entwicklung. Annette Kaluzas kleiner Laden wurde am Freitagnachmittag kurzerhand zur lokalen Wahlkampfbühne für die großen Parteien.

Renate Sommer (CDU), Kirsten Eink (SPD), Volker Bleck (CDU) und Thomas Nückel (FDP) sind der Einladung gefolgt und tauschen zwischen Marlboro, Gauloises und West ihre Positionen aus.

In einem Punkt sind sich alle einig: Kinder und Jugendliche müssen davon abgehalten werden, überhaupt mit dem Rauchen ­anzufangen. Doch in allen anderen Fragen gehen die Meinungen weit auseinander. Renate Sommer, selbst Raucherin, ist klar gegen einen optischen Einheitsbrei bei den Kippenschachteln und das Verbot von aromatisierten Zigaretten. Sie spricht in dem Zusammenhang von der vermehrten Gefahr durch geschmuggelte Zigaretten und von „Bevormundung“ und betont, dass jeder Bürger seinen Lebensstil selbst bestimmen dürfen sollte. Zuspruch bekommt sie von Nückel, beim Thema Nichtraucherschutzgesetz kommt sie mit den beiden Vertretern der SPD, Eink und Bleck kaum überein.

Beim Treff im Tabakshop kommt die eigentliche Protagonistin – Annette Kaluza – kaum zu Wort. Doch sie scheint sich zu freuen über den Besuch: „Ich hoffe sehr, dass die Politik sich für uns Händler einsetzt“.