Herne. . Beim Haushalt zeichnet sich eine ungewöhnliche Konstellation ab: Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und FDP liegen auf einer Wellenlänge. Sie plädieren für eine (niedrigere) Grundsteuererhöhung und höhere Erlöse durch die städtischen Töchter.

Wer vor einem Jahr prophezeit hätte, dass der Haushalt 2013 bzw. der Haushaltssanierungsplan bis 2021 mit rot-gelber Mehrheit verabschiedet werden könnte, wäre in der politischen Landschaft fortan nicht mehr ernst genommen worden. Doch genau dieses Szenario zeichnet sich nach der Sitzung der Haushaltskommission des Rates ab.

Höhere Erlöse von Stadttöchtern

Die Positionen der Fraktions-Chefs von SPD und FDP sind fast deckungsgleich. Heißt: Es läuft zurzeit auf eine Erhöhung der Grundsteuer B ab 2018 hinaus, wenn auch in geringerem Umfang als von der Stadt gewollt. Voraussetzung wäre, dass die Fraktionen den Positionen ihrer Vorsitzenden Frank Dudda (SPD) und Thomas Bloch (FDP) folgen. Auf 34 von 64 Stimmen (30 SPD, 4 FDP) käme Rot-Gelb dann im Rat. CDU und Grüne lehnen eine Grundsteuererhöhung ab.

Und so könnte der sozial-liberale Schulterschluss in der Ratssitzung am 5. März aussehen, der zur Schließung der ab 2018 auftretenden Deckungslücke von rund 3 Mio Euro beitragen soll: Ja zur Erhöhung der Grundsteuer B, aber nicht von 600 auf 720 Punkte wie von der Stadt gewünscht. Für die FDP liegt die Schmerzgrenze bei 650 bis 700 Punkten. Einig sind sich Rot und Gelb darin, dass es ab 2018 einen einheitlichen Hebesatz geben soll und nicht die von der Stadt geplante „Spitze“ von 770 Punkten nur im Jahr 2019. 2017 soll es aber zunächst einen „Kassensturz“ (Dudda), sprich: eine Überprüfung geben, ob die Anhebung überhaupt notwendig ist. Zum Ausgleich der Differenz zum Vorschlag der Verwaltung wollen SPD und FDP Stadttöchter zur Kasse bitten.

Was bekanntlich eine alte Forderung der CDU ist. Aktuell hat sich die Unions-Fraktion bisher strikt gegen eine Grundsteuererhöhung ausgesprochen, aber noch keinen konkreten Vorschlag auf den Tisch gelegt. Begründung: Die SPD sei als größte Fraktion am Zug. „Dieses Verhalten ist nahe am Politikboykott“, kritisiert Frank Dudda.

Sozial oder unsozial?

Die Grünen wollen das Minus ab 2018 vor allem durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer von 480 auf 520 Prozenzt decken. SPD und FDP lehnen dies ab, weil sie die „positive Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Herne“ nicht gefährden wollen. Eine einseitige Erhöhung der Grundsteuer, die vor allem Familien treffen würde, sei „unsozial“, so Grünen-Fraktions-Chefin Dorothea Schulte. Die FDP sieht das anders: Das Drehen an der Grundsteuerschraube habe durchaus eine „soziale Komponente“, erklärt Bloch. So müssten z.B. Bürger mit größeren Wohnungen mehr zahlen, während Arbeitslose gar nicht herangezogen würden.

Die Fronten scheinen verhärtet, doch alle Fraktionen signalisieren noch Gesprächsbereitschaft. Diese können sie schon am Dienstag unter Beweis stellen – in der Haushaltsberatung im Hauptausschuss (16 Uhr; Raum 214 im Rathaus).

Ablehnung bei der Linkspartei

Die Linke-Ratsgruppe will den Haushalt ablehnen. Die Debatte bewege sich „am Rande der Seriosität“ und sei „weit entfernt von der Realität“, kritisiert die Linke-Ratsfrau Veronika Buszewski. Es sei absehbar, dass die Herner Politik sich schon bald wieder mit neuen Verschlechterungen auseinandersetzen müsse.

Die grundsätzliche Unterfinanzierung der Kommunen sei das eigentliche Problem. Hier müsse der Hebel angesetzt werden – auch durch die Mandatsträger in Bund und Land.