Herne.. Nach langem Ringen hat Helge Kondring (71) einen Rechtsstreit gegen Renault Witzel gewonnen. Das Autohaus muss nach drei Jahren einen Renault Scénic zurücknehmen und dem Rentner den vollen Kaufpreis erstatten, weil der Spritverbrauch zu hoch ist. Der Herner Streit über den Renault-Kauf zieht Kreise.
Drei Jahre lang kämpfte Helge Kondring gegen Renault Witzel um sein Recht. Am Ende siegte der 71-Jährige auf ganzer Linie: Das Autohaus an der Forellstraße muss den von Kondring im Dezember 2009 gekauften Renault Scénic Dynamique zurücknehmen und Kondring die Kaufsumme von 20 000 Euro plus Zinsen zurückerstatten, weil der Spritverbrauch deutlich höher war als im Prospekt ausgewiesen.
Mit einem Bandscheibenvorfall fing alles an: Dieser veranlasste den Rentner 2009 dazu, seinen Mazda zu verkaufen und sich nach einem „rückengerechteren“ (Automatik-)Modell umzusehen. Das war mit dem Renault Scénic schnell gefunden. „Ein schönes Auto. Die Maße stimmten“, so der frühere WAZ-Gerichtsreporter.
Bestätigung durch Gutachten
Kurz vor Heiligabend lieferte Renault den Wagen. Schon kurz nach Weihnachten stellte Kondring fest: „Der Spritverbrauch ist viel zu hoch.“ Statt des im Prospekt versprochenen durchschnittlichen „Verbrauchswerts“ von 7,7 Litern pro 100 Kilometern (innerorts 10,3, außerorts 6,2 l) zeigte der Bordcomputer bis zu 13 Liter an.
Das Problem lässt sich lösen, dachte Kondring. Von wegen: Sieben Mal wurde er bei Witzel vorstellig, genau so oft wurde er vertröstet oder zurückgewiesen. Und das, obwohl der Renault zweimal in der Werkstatt war und ein Prüfstandstest ebenfalls auf einen Verbrauch von 12,8 Liter kam.
Das sei zunächst mit dem „strengen Winter“ und später mit dem Hinweis „das Auto ist noch nicht eingefahren“ abgetan worden, so Kondring. Die Botschaft bei der letzten Kontaktaufnahme im März: Das müsse am Fahrer liegen. „Lächerlich. Ich fahre seit fast 50 Jahren Auto und hatte nie Probleme mit dem Spritverbrauch.“
Für Helge Kondring war das Maß voll: Mit Hilfe des Automobilclubs ACE und des Herner ADAC-Vertragsanwalts Karl-Albrecht Engelhart widerrief er den Kaufvertrag. Die Sache landete vorm Landgericht Bochum, das beim TÜV-Nord ein Sachverständigengutachten in Auftrag gab. Ergebnis: Der Verbrauchswert liegt mit 8,5 l um 10,4 % über dem von Renault angegebenen Wert, zulässig sind maximal 10 %.
„Eine erhebliche Pflichtverletzung, die den Kläger zum Rücktritt berechtigt“, so der Richter. Witzel legte Berufung ein, doch das Oberlandesgericht Hamm bestätigte das Bochumer Urteil. Witzel will das Auto zurücknehmen. Kondring erhält den Kaufpreis zurück, muss aber eine „Nutzungsentschädigung“ von 3000 Euro zahlen, was er durch die ihm zustehenden Zinsen fast ausgleichen kann. Er will sich ein neues Auto kaufen. Es wird kein Renault sein.
Wut empfinde er nicht, sagt Helge Kondring, aber: „Ich bin sehr enttäuscht, wie hier mit einem Kunden umgegangen wurde.“
Streit zieht Kreise
Der Herner Streit über den Renault-Kauf zieht Kreise. Am Montag berichtete auch der WDR. Der Auto Club Europa (ACE) verschafft dem Fall bundesweite Aufmerksamkeit – warnt jedoch: „Wer ohne Rechtsschutz klagt, geht auch angesichts des Kostenaufwandes für Sachverständigengutachten ein hohes Risiko ein.“ Die Kosten des Herner Verfahrens, die Witzel tragen muss, dürften in etwa dem Neuwert des Scénic entsprechen: rund 20 000 Euro. Der ACE lobt, dass Gerichte sich nicht mit „all den fahrzeugtechnischen, letztlich aber nur vorgeschobenen Argumenten“ der Autohersteller zufrieden gäben und stattdessen den „tatsächlichen Verbrauch“ prüfen ließen.
Die Geschäftsführung von Renault Witzel war Montag nicht erreichbar. Renault Deutschland ist derweil um Schadensbegrenzung bemüht: Das sei kein Einzelfall von Renault, sondern alle Automobilhersteller seien dieser Problematik ausgesetzt, heißt es in einer Pressemitteilung. Ein Renault-Sprecher räumt ein, dass das Herner Verfahren nicht gut gelaufen sei. Man hätte sich vor einem Rechtsstreit mit dem Kunden einigen müssen, so die Kritik am Herner Vertragshändler.