Herne. . Im Notfall kann er Leben retten: der Defibrillator. Seit Jahren macht sich der Herner Chefarzt Prof. Joachim Trappe dafür stark, „Defis“ an Stellen mit Publikumsverkehr zu installieren. In den vergangenen Jahren hat die Kampagne aber an Schwung verloren.
Das Bürgerzentrum in Herne-Mitte hat einen, die Feuerwehr an der Sodinger Straße, die Sparkasse am Berliner Platz, das Lago im Gysenberg und die Werkstatt für Behinderte haben ihn auch: einen Defibrillator. Das Gerät mit dem zungenbrecherischen Namen, deshalb kurz „Defi“ genannt, kann im Notfall Leben retten - doch den „Lebensrettern droht das Vergessen“, titelte kürzlich die Süddeutsche Zeitung.
Das Lago als Pilotprojekt
Vor zehn Jahren begann bundesweit eine Kampagne, an öffentlich zugänglichen Stellen „Defis“ zu installieren, die auch von Laien bedient werden können. Richtig eingesetzt, können sie mit Hilfe eines Stromstoßes Menschen, die einen plötzlichen Herzstillstand erleiden, ins Leben zurückholen. Einer der wesentlichen Initiatoren und engagierter Verfechter der Defi-Kampagne war und ist Prof. Joachim Trappe, Herzspezialist und Chefarzt der Herner Universitätsklinik Marienhospital. Und so überrascht es nicht, dass ausgerechnet in Herne, nämlich im „Lago“ im Gysenberg, einer der ersten Laiendefis in Betrieb genommen wurde. Wobei in Betrieb genommen bedeutet: Er wurde dort installiert, zum Einsatz kam er seitdem aber nur zweimal. Und weil beide Male kein Herzstillstand bzw Kammerflimmern vorlag - das stellen die Geräte selbst fest - wurde kein Stromstoß ausgelöst.
In den letzten drei bis vier Jahren, räumt Prof. Trappe ein, sei die Defi-Idee ein wenig verpufft und Kritiker wendeten ein, die Bilanz sei eher mager. Defis lohnten sich nur dort, wo es wirklich ein hohes Publikumsaufkommen gebe wie am Frankfurter Flughafen. Aber selbst dort seien unter einigen 100 Millionen Passagieren gerade 21 Menschen mit Hilfe des Defis reanimiert worden. Dennoch: „Es käme ja auch niemand auf die Idee, Sprinkleranlagen wieder auszubauen oder Airbags“, sagt Prof. Trappe, obwohl auch sie prozentual gesehen nicht oft zum Einsatz kämen. Gerade weil die Kampagne in den vergangenen Jahren nicht mehr mit großem Nachdruck verfolgt worden sei, heiße es, die Ärmel aufzukrempeln und die Idee wiederzubeleben.
Defis erklären jeden Schritt
Denn die Zahl der Menschen, die in Deutschland am plötzlichen Herztod sterben, ist mit 100 000 unverändert hoch: „Das ist, als würde an jedem Wochentag ein voll besetzter Jumbo abstürzen“, zitiert die Süddeutsche Zeitung den Herner Chefarzt. Falsch machen könne ein Laie mit einem Defi wenig: Das Gerät erkläre selbst jeden notwenigen Schritt und analysiere den Zustand des Patienten, so Prof. Trappe. Jede Hilfe sei bei einem plötzlichen Herzstillstand besser als keine Hilfe. „Der Zustand des Betroffenen kann sich dadurch nur verbessern“, betont Prof. Trappe.
Anzahl der „Defis“ unbekannt
Beim zuständigen Bundesministerium in Berlin hat sich Prof. Trappe dafür eingesetzt, dass der Umgang mit einem Defibrillator in den Erste-Hilfe-Kurse für Führerscheinanwärter vermittelt wird. Damit sei er jedoch nicht durchgedrungen, bedauert er. So ist solch eine Schulung bis heute nicht generell üblich, sie wird nur als Zusatz angeboten für Teilnehmer, die einen zweitägigen Erste-Hilfe-Kursus (16 Stunden) absolvieren und daran noch vier „Defi-Stunden“ anhängen wollen, hieß es beim DRK Herne/Wanne-Eickel. Führerscheinanwärter müssen sogar lediglich einen Tageskurs (acht Stunden) belegen. Der „Defi“, so eine DRK-Ausbilderin, sei aber kein Ersatz für die Herzdruckmassage, die bei einem plötzlichen Herzstillstand sofort angewendet werden müsse, sondern eine Ergänzung.
Wie viele Defis es in Herne gibt, geschweige denn in der Bundesrepublik, weiß wohl niemand so genau. Mit Hilfe der Herzstiftung habe er versucht, dies zu ermitteln, aber lediglich 14 Rückmeldungen bekommen, so Prof. Trappe. Deshalb lasse sich auch nicht konkret sagen, wie oft die Geräte eingesetzt wurden und wie erfolgreich ihr Einsatz war.
Zumindest im Bürgerzentrum Herne sei das Gerät nicht in Vergessenheit geraten, sagt Christoph Hüsken vom Presseamt. Fast alle Mitarbeiter, die im Publikumsbereich arbeiten, seien für den Umgang mit dem Defi geschult und es gebe auch regelmäßige Auffrischungen der Schulung. In einem Ernstfall einsetzen mussten die Mitarbeiter den Defi bis jetzt aber nicht