Herne. . Der Altenpfleger erlernte in der Türkei die Kunst die Kalligrafie. Der Herner Künstlerbund empfahl ihn an die Stadt, die sich jetzt den Eingangstext des neuen Ehrenbuches gestalten ließ.

Als der Oberbürgermeister anfragen ließ, ob er den Abschlusstext des Goldenen Buches der Stadt und den Eröffnungstext für das neue Ehrenbuch kalligrafisch gestalten könne, hat Bahtiyar Demircan erst einmal tief Luft geholt - und sich Bedenkzeit ausgebeten. „Das ist so eine ehrenvolle Aufgabe und so viel Verantwortung, ich war erst unsicher“, sagt der 47-jährige Herner, „ich hatte auch seit zwei Jahren nicht mehr kalligrafisch gearbeitet.“ Er ging in sich, beriet sich mit Frau und Tochter, holte seine Schreibfedern und Tusche heraus, probierte dies und das und sagte zu. Heute ist er froh, dass er sich so entschieden hat: „In 100 Jahren bin ich längst tot. Das Buch bleibt.“

Sein Name bedeutet: glücklich

Wie sein Name unschwer erkennen lässt, liegen seine familiären Wurzeln in der Türkei. Obwohl: „Mein Vornahme Bahtiyar kommt aus dem Persischen und bedeutet so viel wie glücklich“, erklärt er lächelnd. Nach Deutschland kam er der Liebe wegen: In Marmara hatte er seine spätere Frau Sylvia kennengelernt, die dort Urlaub machte. 1994 heirateten die beiden in der Türkei, 1995 kam Demircan nach Deutschland, mitten in der Weihnachtszeit und sah zum ersten Mal in seinem Leben einen Weihnachtsbaum, den er gleich mit schmücken durfte: „Wunderbar“, sagt er, „ich finde die Weihnachtszeit immer noch ganz toll.“

Zum Altenpfleger ausgebildet

Zehn Jahre später entschloss er sich zur Einbürgerung, weil er sich inzwischen als Deutscher fühlte. Woanders als hier zu leben, wo er mit seiner Familie in einem Haus in Herne-Süd wohnt, kann er sich gar nicht mehr vorstellen. Obwohl er sich in der ersten Zeit schon an einiges gewöhnen musste: „Warum bauen die Deutschen so exakte Bordsteine?“ war eine Frage, die ihn anfangs stark beschäftigte. Und auch die Existenz von Seniorenheimen war ihm damals noch völlig fremd. „So etwas gibt es in der Türkei selbst heute kaum. Alte Menschen werden in der Familie versorgt.“

Doch als er nach Herne kam, wollte er unbedingt etwas tun; seine Frau, selbst Kranken- und Altenpflegerin, brachte ihn auf die Idee, die gleiche Richtung einzuschlagen. Die Hoffnung, in seinem Beruf als Ingenieur der Hydrogeologie arbeiten zu können , hatte er aufgegeben.

Seinem Studium in der Türkei ist es aber zu verdanken, dass er kalligrafieren kann: In einem kleinen Laden in der Hauptstadt Ankara lernte er die Kunst des schönen Schreibens und finanzierte so den Besuch der Universität. Kalligrafie bedeutet nicht einfach eine leserliche Schrift, sondern ein perfektes ästhetisches Bild. „Selbst die Atmung hat Einfluss“, sagt Bahtiyar Demircan, der seit 2005 dem Herner Künstlerbund angehört. Dessen Vorsitzender, Rainer Glebsattel, hatte ihn auch der Stadt empfohlen.