Wanne-Eickel. . „Besser Arm ab als arm dran“ erscheint am 19. Januar im Carlsen-Verlag. Das Anliegen des Autors ist ein ernstes: Er will das Verhältnis von behinderten und nicht-behinderten Menschen entkrampfen.

Im Umgang mit behinderten Menschen ist Political Correctness oberste Pflicht. Bloß nichts falsch machen. Das strengt an und verkrampft. Der Wanne-Eickeler Martin Fromme, ohne den linken Unterarm geboren, erlebt den Stress der Nicht-Behinderten seit 50 Jahren. „Alle haben Angst.“ Also hat sich Fromme, seit 1986 die eine Hälfte des Komiker-Duos Der Telök, schon früh entschlossen, seinen Arm auf der Bühne und in Filmen offensiv einzusetzen. Er hat mit ihm gesprochen und gedroht, einen Enterhaken daran montiert, ihn in eine Mausefalle gequetscht und ihm einen Plastikbecher übergestülpt, den er als Kellner mit einem satten Plopp abzieht. Das finden manche lustig, andere geschmacklos. Jetzt versucht es der „einzige professionelle körperbehinderte Komiker Deutschlands“ (Fromme) auf eine andere Weise. Er hat einen Ratgeber geschrieben: „Besser Arm ab als arm dran“.

Entkrampfung als Anliegen

Ein alter Kalauer, aber was Martin Fromme da in 160 Seiten gepackt hat, ist neu. Hier geht einer einen Weg abseits wohlmeinender Bemühungen um Inklusion. Mit Vorschlägen wie „Schauen Sie am Rücken des Behinderten nach, ob sich dort ein großer Schlitz befindet. Falls ja, werfen Sie Ihr gesamtes Kleingeld in diesen Schlitz“, kehrt der Autor die Verhältnisse um. Der Nicht-Behinderte ist der Depp. Satire darf das.

Mit seiner bekannt ausufernden Phantasie treibt Martin Fromme in seinem Buch das Thema Behinderung in allen Facetten vor sich her. Er zeigt Behinderte in der Kunst - die Venus von Milo hat schließlich auch nur einen halben Arm -, fragt, ob Behinderte Sex haben dürfen (Nein!Nein!Nein!) oder die Paralympics gucken müssen, und schaut sich auf einer Party des kleinwüchsigen Bassbaritons Thomas Quasthoff um, bei der Heather Mills (Beinprothese), Wolfgang Schäuble (Rollstuhl) und andere Gäste es krachen lassen.

Das ist der krude Humor, aus dem der Telök seine Programme strickt. Wer Martin Fromme im Gespräch begegnet, erlebt ihn anders. Ernsthaft, um ein entspanntes Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung bemüht. „Es gibt 7,3 Millionen Schwerbehinderte in Deutschland. Die haben keine Lobby.“ Er möchte sie überall sehen, und besonders in den Medien, wo sich ein Edgar Selge den Arm abbindet, um einen behinderten Kommissar zu spielen. Das MDR-Magazin „Selbstbestimmt“, das er moderiert, läuft samstags morgens - „versteckt, trotz super vieler Zuschauer“. Und warum schreibt Fromme kein ernsthaftes Buch? „Weil ich Komiker bin. Da käme ein weinerlicher Ton heraus. Und das liest doch kein Schwein.“