Herne. . In Fraktionsstärke wollen die Herner Piraten 2014 in den Rat einziehen. Aktuell müssen sie sich aber erst einmal mit anderen Dingen auseiandersetzen. Zum Beispiel: mit der Manöverkritik eines von Bord gegangenen Mitglieds.

Herner Piraten in Seenot, das wäre eine schamlose Übertreibung. Doch die Manöverkritik eines jüngst von Bord gegangenen, bisher sehr aktiven Mitglieds sorgt am Dienstagabend durchaus für kleinere Turbulenzen beim Politischen Stammtisch im Museumscafé – und für eine leichte Korrektur bei der Organisation der zahlreichen Aktivitäten dieser jungen Partei.

„Sparrow hätte es nicht gegeben“

In einer der WAZ vorliegenden Grundsatzkritik geht das ausgeschiedene Mitglied hart ins Gericht mit den Strukturen der Herner Piraten: Absprachen würden ignoriert, geplante Aktionen verschleppt, vorgeschlagene Themen am Stammtisch zerredet, die Kommunikation sei grottenschlecht – so lauten Vorwürfe. „Wenn unsere Namensvettern im 16. Jahrhundert so agiert hätten wie wir, wäre wohl nie ein Schiff gekapert worden und Jack Sparrow hätte es wohl auch nicht gegeben“, heißt es.

Die diesmal am Stammtisch teilnehmenden fünf Piraten können die Kritik ein Stück weit nachvollziehen. „Er hat ja mit dem ,Zerreden’ nicht ganz Unrecht“, räumt Pirat Michael Eilebrecht ein. Nach einer längeren Debatte und dem Konsens, Änderungen in der Organisation vorzunehmen, sehen sich alle wieder auf Kurs. Auch der verloren gegangene Pirat werde nun wieder an Bord kommen, so glauben seine Parteifreunde.

Noch etwas glauben die Piraten, wie sie nach dem Stammtisch im Gespräch mit der WAZ erklären: dass die zentrale Forderung der Piraten nach mehr Transparenz und Beteiligung längst Auswirkungen auf die Politik der „Etablierten“ habe. Die Urwahl der Grünen-Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl hätte es ohne den Aufstieg der Piraten nicht gegeben, sagt Mitglied Bernd Schroeder. Und: „Ohne die Existenz der Piraten hätte es wohl in Herne keine Mehrheit für den Bürgerhaushalt gegeben.“

Nach der Kommunalwahl 2014 möchten sie auch direkt Einfluss nehmen: In Fraktionsstärke wollen die Piraten in den Rat einziehen. „Das schaffen wir. Wir haben ein großes Wählerpotenzial“, so Pirat Lars Wind unter Verweis auf die vergleichsweise guten Wahlergebnisse in Herne. Das soll so bleiben. Die Vorbereitungen für 2014 laufen. „Wir nehmen uns zurzeit den Haushalt vor“, so Schroeder.

Die Folgen des schnellen Erfolgs

Der Umfrage-Absturz kann den Optimismus nicht bremsen. „Die Probleme sind hausgemacht“, räumen alle selbstkritisch ein. Der schnelle Erfolg locke aber nun mal auch Menschen an, die nicht zur Partei passten. Auch in Herne habe man diese Erfahrung gemacht.

Nach der Sommerpause haben die Herner Piraten die Schlagzahl deutlich erhöht: Der streng öffentliche Stammtisch der Partei wird mittlerweile wöchentlich durchgeführt – am ersten Donnerstag des Monats um 19 Uhr in Ortruds Bistro-Café an der Hauptstraße 235 in Wanne, in allen anderen Wochen jeweils ab 19.30 Uhr dienstags im Museumscafé am Europaplatz in Herne-Mitte.

Dazu kommen noch regelmäßige Infostände, die in Zukunft auch verstärkt in den Stadtteilen durchgeführt werden sollen. Nächster Termin: Samstag ab 10 Uhr in Wanne (Fußgängerzone Hauptstraße). Die Resonanz aus der Bevölkerung auf die Piraten sei nach wie vor sehr positiv, berichtet Pirat Bernd Schroeder.

Rund 45 Mitglieder zählt zurzeit der Herner Kreisverband der Piraten, der vor allem aus organisatorischen und finanziellen Gründen eigentlich gar kein „richtiger“ Kreisverband ist. Im virtuellen Parteibüro laufen die Fäden zusammen. Die Einrichtung einer Postadresse sei in Arbeit, außerdem soll es schon bald eine „Kontakttelefonnummer“ geben, kündigen die Piraten an.