Herne. . Die Zahl der Wettbüros in Herne ist sprunghaft angestiegen. 18 dieser Ladenlokale waren im Januar bei der Stadt gemeldet, jetzt sind es bereits 27. Das Besondere: Nur vier haben eine Genehmigung.

Das berichtet Ordnungsdezernent Meinolf Nowak auf Anfrage der WAZ. Geöffnet sind die Wettbüros alle – auch die illegalen. Die Stadt, sagt Nowak, habe weiterhin keine Handhabe, gegen die Büros ohne Genehmigung vorzugehen. Grund sei die „unklare Rechtslage“. Einen Besuch oder gar eine Strafe des Ordnungsamtes müssen die Betreiber deshalb nicht fürchten. Das dürfte ein Grund dafür sein, warum sich die Wettbüros in Herne und Wanne-Eickel ausbreiten.

Hintergrund: Der Staat hat ein Monopol auf Glücksspiele, ausgenommen sind Pferdewetten. Deswegen dürfen nur Oddset-Annahmestellen der Lottogesellschaften Wetten annehmen, auf die Ergebnisse der Fußball-Bundesliga etwa oder die Formel 1. So manche Kleinunternehmer, die ein Erfolg versprechendes Geschäft witterten, scherten sich nicht darum – und eröffneten eigene Büros.

Eine Handhabe dagegen hat das Ordnungsamt nie gefunden. Untersagungen seien überwiegend ins Leere gelaufen, berichtete Dezernent Nowak bereits im Januar gegenüber der WAZ. Zwar seien von den Besitzern die von der Verwaltung verhängten Zwangsgelder meist gezahlt worden, die Geschäfte aber in der Regel weiterbetrieben worden – nicht selten auch unter neuem Namen.

Angst vor Schadensersatz

Das wirksamste Mittel, eine Schließung der Wettbüros, wagt die Stadt nicht. Sie fürchtet Schadensersatzklagen der Betreiber. „Das sind Beträge, die schnell in die Hunderttausende oder sogar Millionen gehen“, sagt der Beigeordnete. Eine solche Strafe will die klamme Kommune nicht riskieren – und hält still.

Grund für die Sorge ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das die deutsche Regelung für Wettgeschäfte schon vor rund zwei Jahren für unzulässig erklärt hatte. Das vor allem mit dem Kampf gegen die Spielsucht begründete Monopol des Staates stehe nicht im Einklang mit europäischen Rechtsnormen, urteilten die Richter. Deshalb dürften die Wettbüros nicht geschlossen werden.

Was also tun? Weiterhin warten auf einen neuen Staatsvertrag, der den Glücksspielmarkt neu regele, sagt Nowak. Wann der komme? Der Ordnungsdezernent zuckt mit den Schultern. Er wartet schon lange darauf.