Herne.. Der Aderlass beim Bekleidungshersteller Dressmaster geht weiter: Das Traditionsunternehmen will 40 Mitarbeiter entlassen – knapp ein Drittel der auf knapp 125 Mitarbeiter geschrumpften Belegschaft. Außerdem soll in diesem und im kommenden Jahr kein Weihnachtsgeld ausgezahlt werden.

Die Mitarbeiter erfuhren gestern Mittag in einer Versammlung von den Plänen – und reagierten geschockt, wie Petra Kratohwil, die Betriebsratschefin, anschließend berichtete. Laut IG Metall – sie ist die für die Branche zuständige Gewerkschaft – will das Horsthauser Unternehmen wegen Umsatzeinbrüchen zwei Millionen Euro jährlich sparen. Am Personal: Neben besagtem Aus für das Weihnachtsgeld will Dressmaster zum Jahresbeginn entlassen, sagt Eva-Maria Kerkemeier, die stellvertretende IG Metall-Chefin in Bochum/Herne.

IG Metall sauer

Das Vorgehen der Chefetage treibt ihr die Zornesröte ins Gesicht. Mit Auslaufen der Beschäftigungssicherung zum Jahresende habe die IG Metall mit der Unternehmensführung nun in Gespräche über eine neue Tarifrunde einsteigen wollen – und sei dabei kalt erwischt worden. Jetzt stehen ganz andere Gespräche an: die über einen Sozialplan mit Interessensausgleich. Kerkemeier will sich zudem die wirtschaftlichen Daten anschauen, um nachprüfen zu können, ob die Entlassungen nötig seien.

Bislang, stellt sie klar, erkenne sie darin keinen Sinn. Sie fragt: Reichen künftig rund 80 Mitarbeiter aus, um ein weltweit operierendes Mode-Unternehmen zu führen? Oder plane Dressmaster bereits einen Umzug nach Bergkamen an den Sitz der Muttergesellschaft? Und: Werde nur an der Kostenschraube gedreht, oder wolle Dressmaster auch investieren, um sich besser aufzustellen? Nicht zuletzt: Hat Dressmaster eine Strategie?

Das Unternehmen schweigt. Auf Anfrage der WAZ hieß es aus dem Gewerbegebiet Friedrich der Große: kein Kommentar.

Die Mitarbeiter, zu gut zwei Dritteln Frauen, sind derweil in größter Sorge. Nach stetigem Personalabbau – bis vor zehn Jahren arbeiteten noch über 400 Menschen für Dressmaster in Herne – hätten die verbliebenen Angestellten eine „lange Leidensfähigkeit“ bewiesen, sagt Kerkemeier. Auch deshalb, weil die Arbeit auf immer weniger Schultern verteilt worden sei. Viele Beschäftigte, zum Großteil in kaufmännischen Berufen, hätten ob der neuen Nachrichten deshalb auch resigniert reagiert, sagt Betriebsratschefin Kratohwil. Sie befürchtet für die Entlassenen das Schlimmste: „Wenn man ein gewisses Alter überschritten hat, wie viele von uns, dann gibt es keinen neuen Job – erst recht nicht in der Bekleidungsindustrie.“

Zum Hintergrund:

Gegründet wurde die Dressmaster GmbH & Co. 1970 von Klaus Steilmann und Rolf Schmidt. In Hallen an der Baumstraße, hinter dem Herner Bahnhof, schneiderten anfangs 400 Näherinnen Männer-Mode. Mitte der 1970er Jahre verlagerte Dressmaster seine Produktion ins Ausland. Längst ist das Modeunternehmen mit der 1991 gegründeten Marke Stones im Industriegebiet Friedrich der Große beheimatet. Dort sind Produktionsplanung, Schnitttechnik und Vertrieb zu Hause. Zuletzt hatte Dressmaster 125 Mitarbeiter.

In Deutschland gibt es rund 40 sogenannte Shop-in-Shops, im Ausland 50 Flächen-Kooperationen. Heißt: Dressmaster mietet Flächen in Boutiquen oder Kaufhäusern und verkauft dort die Mode. Für die Marke Stones gibt es auch eigene Geschäfte. 2009 machte das Unternehmen 56 Prozent des Umsatzes im Inland, 44 Prozent im Ausland.

In die Problemzone rutschte Dressmaster nach dem Jahrtausendwechsel. Der Steilmann-Konzern geriet unter Druck, weil Kaufhäuser – siehe Hertie und Sinn-Leffers – dicht machten. 2004 übernahm die italienische Miro Radici den Bekleidungshersteller. Einschnitte gab es auch in Herne: Zuletzt wurde die Abteilung Musterteile geschlossen, 28 Mitarbeiter mussten gehen, außerdem gab es Einschnitte in den Tarifvertrag.