Herne. . Die meisten Kreuzungen in der Stadt müssen Betroffene ohne die hörbare Hilfe überqueren.Lothar Starzinski, jahrelang im Blindenverein aktiv, kritisiert die Situation vor Ort
„Mein Hund kann mich zur Ampel führen. Das war es dann aber auch. Er kann nicht erkennen, ob sie Rot oder Grün zeigt.“ Lothar Starzinski ist 66 Jahre alt und seit 36 Jahren blind. „Ich habe mich immer bemüht, mobil zu bleiben“, erzählt der Rentner. Sein Labrador Murphy ist sieben Jahre alt und führt ihn durch die Stadt. Wenn die beiden an einer Ampel angekommen sind, ist für den Blindenhund allerdings Schluss. „Deshalb sind die tickenden Ampeln für uns Blinde eine große Hilfe. Wir können am Geräusch erkennen, ob wir stehen bleiben müssen oder weiter gehen können.“ Die Akustikampeln können Blinde sogar zu sich führen. „Sie senden ein ständiges Geräusch aus. Es gibt auch Ampeln in Herne, die ihre Lautstärke nach dem Verkehrsaufkommen regeln.“
Nachrüstung ist teuer
Im Stadtgebiet gibt es 40 so genannte blindengerechte Lichtanlagen mit Ortungs- und Freigabeton, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. Neue Ampeln seien teuer, alte nachzurüsten noch teurer: „Die Mehrkosten für die Ausstattung einer Lichtsignalanlage mit Ortungston belaufen sich bei einer Neuanlage auf circa 20 000 Euro. Die Nachrüstung einer Anlage ist in der Regel, je nach Alter der Anlage, mit höheren Kosten verbunden, zwischen 30 000 und 40 000 Euro.“
Hüsken betont, dass die Bedürfnisse der Blinden bei Neubaumaßnahmen im Stadtgebiet berücksichtigt würden. Hierzu zählten auch die Umgestaltung von Haltestellen des ÖPNV sowie die Umgestaltung von Knotenpunkten in Kreisverkehrsplätze.
Genau hier liegt eine Schwierigkeit, sagt Starzinski: „Wenn Kreuzungen neu gestaltet werden, dann sind die Verkehrsinseln oft völlig flach gebaut.“ Das sei zwar gut für Menschen im Rollstuhl, mit Rollatoren oder Mütter mit Kinderwagen, aber: „Die Städte sind vom Deutschen Blindenverband angehalten, bei Absenkungen von Bordsteinen einen Rest von circa zwei Zentimetern stehen zu lassen.“ Das erleichtere vor allem die Orientierung mit dem Blindenstock.
Mehr Verständnis
Starzinski wünscht sich mehr Verständnis für die blinden und sehbehinderten Menschen. Und zwar so: „Ich würde vorschlagen, dass die Verantwortlichen der Stadt mit verbundenen Augen versuchen, eine Kreuzung zu überqueren.“ Starzinski, jahrelang im Herner Blindenverein aktiv, ist nicht zufrieden mit der Situation vor Ort. Eine Blindenampel etwa auf dem Westring sei zu wenig, meint er. Sein Resümee: „Im Großen und Ganzen hat sich in den 35 Jahren, in denen ich blind bin, die Verkehrssituation für uns Blinde in Herne kaum verbessert.“