Herne. .
Die Organspende ist ein heikles Thema, nicht erst seit an einigen Universitätskliniken Manipulationsvorwürfe bei der Vergabe laut geworden sind. Für Schwerkranke ist die Organspende jedoch oft die einzige Chance. Zwei Betroffenen schilderten der WAZ, warum.
Für Susanne Bittner kam die Diagnose abrupt. Als sie wegen Wassereinlagerungen im Juli 2011 als Notfall in die Klinik eingewiesen wurde, war schnell klar: Sie brauchte eine neue Niere. Noch am selben Tag wurde sie an die Dialyse-Maschine angeschlossen, binnen 14 Tagen wurden 16 Liter Wasser aus ihrem Gewebe gesogen. Als Kind hatte sie eine Virus-Infektion, in deren Folge ihr Erbgut so schwer geschädigt wurde, dass ihre Nierenfunktion erheblich eingeschränkt war. Dass sich diese Krankheit so lange unauffällig verhielt, kann sich Bittner nicht erklären.
Auf der Warteliste
Die Dialyse ist für Patienten wie Bittner der einzige Weg, den Nieren zumindest ansatzweise die Arbeit abzunehmen. Bei den verschiedenen Formen der Dialyse, bespielsweise Bauchfell- und Hämodialyse, wird der Körper auf unterschiedliche Weise von Schadstoffen gereinigt. Normalerweise übernehmen die Nieren diese Funktion; der Überschuss an Wasser wird als Urin ausgeschieden. Sind die Nieren allerdings geschädigt, kann es zu Wassereinlagerungen kommen, wie in Bittners Fall. Für sie ist der einzige Ausweg die Transplantation: Seit Juli 2011 steht sie auf der Warteliste.
Paul Heinz Struckmeier hat den langwierigen Prozess von Krankheit, Diagnose, Dialyse bis hin zur Transplantation bereits hinter sich. Als er im Jahr 1998 nach dem regelmäßigen Sport seinen Blutdruck prüfte, maß er einen Wert von 200 zu 125. Kurz darauf wurde eine Autoimmunkrankheit diagnostiziert, in deren Folge seine Nieren nicht richtig arbeiten konnten. Jahrelang musste er sich der Dialyse unterziehen, jeden zweiten Tag 6,5 Stunden in einem Dialyse-Zentrum verbringen. „Ich habe mich intensiv mit meiner Krankheit beschäftigt“, sagt der heute 71-jährige, „und versucht, meine Lebenssituation darauf einzustellen. Um die Dialyse auszuhalten, musste ich eine spezielle Diät machen und durch Sport dem Muskelschwund entgegen arbeiten.“ Dieser entstehe, weil der Körper sich die durch die Dialyse aus dem Blut gefilterten Eiweiße aus den Muskeln hole, um das Ungleichgewicht auszubalancieren.
Am 3. März dieses Jahres, um 2.15 Uhr morgens, kam der Anruf: Es gab eine passende Niere. Um 5 Uhr fand die Operation statt. Seither trägt Struckmann das Organ eines anderen in sich. Über seinen Spender denkt Struckmann manchmal nach: „Ich beziehe ihn in meine Gebete ein, aber die Familie will ich nicht kennenlernen.“ Einen anonymen Dankesbrief will er den Angehörigen trotzdem schreiben.
In diese Situation wird Susanne Bittner wahrscheinlich nicht kommen: Ihr Mann schenkt ihr eine seiner Nieren. „Zuerst habe ich nein gesagt“, berichtet die 40-jährige Mutter zweier Kinder, „ich wollte nicht für immer in seiner Schuld stehen, oder verantwortlich sein, falls ihm etwas geschieht.“ Schließlich willigte sie doch ein. „Einen Organspendeausweis bei sich zu tragen, ist sollte zur Selbstverständlichkeit werden. Man weiß nie, ob es einen selbst vielleicht auch mal trifft.“