Herne. .
Mit Prämierungen durch unabhängige Tester hoffen Bäckereien, das Image der traditionsbewussten Handwerksbetriebe zu pflegen. Dabei sind Firmen wie Brinker längst große Backfabriken.
Karl-Ernst Schmalz schmeckt’s. Krosse Kruste, fluffige Krume, so soll ein Brot sein. Der Tester notiert: 100 von 100 Punkten für die „Friesenkruste“, ein Roggenmischbrot, das seinen Geschmack laut der Bäckerei Brinker durch die Zugabe von geröstetem Gerstenmalzmehl erhalte.
Qualitätsprüfer Schmalz testete sich Dienstag – öffentlich in der Bochumer Sparkasse – im Auftrag der Bäcker-Innung Ruhr durch Dutzende Brote, die Bäckereien der Region ihm aufgetischt hatten. Unter ihnen Brinker, die Backfabrik aus dem Gewerbegebiet Friedrich der Große. Viele Betriebe setzen auf solche Prämierungen, um sich von der Konkurrenz abzusetzen – denn das Geschäft ist nach wie vor rau.
Die Umsätze der Branche wachsen zwar, aber davon profitieren vor allem Supermärkte und Selbstbedienungsläden. „Seit 1997 findet ein dramatischer Verdrängungswettbewerb statt“, sagt Jürgen Böhm (64), Geschäftsführer der Bäcker-Innung. Damals endete das Nachtbackverbot, das das Backen erst ab 4 Uhr gestattete. „Danach hat ein großer Preiskampf eingesetzt. Unternehmen wie Kamps wären gar nicht denkbar, wenn es das Nachtbackverbot noch gäbe. Wie sollten die sonst 1000 Läden beliefern“, so Böhm.
Nur noch fünf Herner Betriebe
Nur noch fünf Herner Bäckereien backen selbst: Neben Brinker sind das Heinz Bleckmann in Constantin, Granitzka und Sponheuer in Herne-Mitte sowie Eugen Stöwe in Baukau. Kein Vergleich zu früher, als es in Herne Dutzende Betriebe gab und Wanne-Eickel wegen seiner vielen Backfabriken mit traditionsreichen Namen wie Hiesgen oder Timmerbrink gar den Beinamen „Stadt des Brotes“ trug. Heute werden 60 Prozent aller Backwaren über Supermärkte und Selbstbedienungsläden verkauft. „30 Prozent der Leute kaufen nur nach dem Preis, weil sie sich gar nichts anderes leisten können“, sagt Böhm. Der Trend geht schon seit Jahren zum „Prebake“ – Brote werden nur vorgebacken und so an Supermärkte geliefert, die die Waren noch einmal in den Ofen und dann warm in die Auslage schieben. Brinker hat den Trend früh erkannt. Bereits 1992 gründete das Unternehmen den Geschäftszweig „Brinker frostig“. Nach Firmenangaben beziehen knapp 1000 Tankstellen, Kioske und andere Verkaufsstellen tiefgekühlte Brötchen aus Herne. Die andere Sparte heißt „Brinker frisch“. Quasi direkt aus dem Ofen werden die dafür bestimmten Semmeln in vor der Firmenzentrale wartende Lkw verladen, die sie in die etwa 60 Brinker-Filialen bringen.
Neues Qualitätsbewusstsein
Trotz der wenig romantischen Entwicklung hin zu Großfabriken besteht durchaus Grund zum Optimismus. „Es gibt genug Leute, die bereit sind, für Qualität mehr Geld auszugeben“, sagt Jürgen Böhm und hat „Kinderlose und Doppelverdiener“ im Sinn. Das sei für Bäcker eine Marktlücke. Motto: Lieber weniger verkaufen und über den Preis den Gewinn steigern.
Karl-Ernst Schmalz hat seinen Test beendet. Die Bäckereien, die gut abgeschnitten haben, bekommen dafür eine Urkunde. Brinker-Marketingchef Jens Scholz denkt schon darüber nach, wie er die Ergebnisse publik macht. „Solche Prämierungen“, sagt er, „sind wichtig fürs Image.“