Frisch aus dem Urlaub – mit einem Beutel Grünem Tee im Gepäck – kam Ingrid Fischbach zum WAZ-Sommer-Interview in die Redaktion. Kekse wollte sie nicht, auch keinen Kaffee. Aber heißes Wasser für ihren Tee. Hier das Interview

Ihre Sommerferien haben Sie auf Rhodos verbracht. Wie wurden Sie von den Griechen aufgenommen?

Fischbach: Freundlich. Ich habe mich gut erholt und sogar etwas Farbe bekommen. . .

Haben Sie sich im Urlaub als Bundestagsabgeordnete geoutet, als stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschefin gar?

Natürlich kommt man mit den Einheimischen ins Gespräch, und die fragen dann auch schon mal, was man beruflich macht. „Politik in Deutschland“, habe ich geantwortet. Die Reaktionen waren aber durchweg positiv – auch deshalb, weil ich in Griechenland Urlaub gemacht habe, was viele Deutsche ja nicht mehr tun. Nach Athen wäre ich aber nicht gefahren (lacht).

Wo wir beim Thema sind: Zwischen CDU und CSU gibt es, vorsichtig gesagt, unterschiedliche Auffassungen zum Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone. Wo stehen Sie?

Mit einer einzigen Maßnahme, etwa einer einzelnen Milliarden-Hilfe, kann man Griechenland nicht retten. Da müssen Strukturveränderungen her, der gesamte Staatsapparat muss umgebaut werden. Dafür brauchen die Griechen Zeit. Aber: Die Gelder können nur dann fließen, wenn kontrolliert und gegebenenfalls sanktioniert wird. Und es muss klar sein, dass der Topf nicht unbegrenzt gefüllt ist. Eine Lösung des Problems ist also nicht einfach.

Und wann ist ein Austritt Griechenlands unausweichlich?

Wenn abzusehen ist, dass die angestrebten Reformen keine Wirkung zeigen beziehungsweise kein Reformwille erkennbar ist.

Der diskutierte Austritt lässt in Deutschland gerade den Euro-Populismus aufblühen. . .

Ich bedauere das. Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür, und da wird versucht, auf populistische Art Stimmen einzufangen.

Und zwar von Ihren Kollegen aus der CSU. . .

Ja, und da bin ich knatschig, weil man doch deutlich erkennt, dass da auf die Landtagswahlen in Bayern geschielt wird, die kurz vor der Bundestagswahl stattfinden sollen.

Themenwechsel: Ihre Schwerpunkte in Berlin sind unter anderem Familie, Frauen und Jugend. Im Herbst will Schwarz-Gelb das Betreuungsgeld auf den Weg bringen. Können Sie mittlerweile damit leben?

Nein. Ich habe ja schon länger vor dem Betreuungsgeld gewarnt und halte es auch heute noch für falsch. Das habe ich auch der Kanzlerin gesagt. Und doch werden die Fraktionen von CDU/CSU und FDP das Betreuungsgeld auf den Weg bringen. Wünschenswert aber wäre ein Kompromiss, bei dem das Betreuungsgeld auch dann gezahlt wird, wenn man einen öffentlichen Kita-Platz in Anspruch nimmt. Siehe Thüringen: Dort wird das Betreuungsgeld gezahlt, 15 Stunden Kita sind aber möglich. Nun hoffe ich auf die Einsicht der Kollegen.

Braucht Deutschland eine Frauenquote in der Spitze von Unternehmen?

Ja. Nicht jede Frau muss in einen Vorstand oder Aufsichtsrat – aber diejenigen, die das Know-how mitbringen, sollen eine reelle Chance dazu haben. Eine Quote von 30 Prozent wäre angemessen.

Ministerin Schröder lehnt die Frauenquote ab. Sie hat die „Flexi-Quote“ ins Gespräch gebracht. . .

Das war wohl als Alternative angedacht, um die FDP mit ins Boot zu holen – also eine Quote, die sich Unternehmen selber geben. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass auf freiwilliger Basis nichts zu erreichen ist. Und die FDP macht da wohl auch nicht mit. Vielleicht aber gibt es noch mal eine interfraktionelle Initiative.

Kommen wir zu den Plätzen in Kindertagesstätten. Rechnen Sie damit, dass es im August 2013 genügend Plätze gibt?

Es werden mehr sein als heute. Und das bedarf einer sehr, sehr großen Anstrengung. Fakt ist: Es gibt ein Gefälle quer durchs Land – mit Kommunen, die sich sehr anstrengen, und solchen, die das Thema gar nicht interessiert.

Eine Frage an die ehemalige CDU-Kreisvorsitzende: Wo drückt der Schuh in Ihrer Partei vor Ort?

Ein großes Problem ist unsere hohe Altersstruktur. Die Mitglieder sterben, wenige kommen nach. Wir müssen deshalb Angebote für junge Leute schaffen und die Partei für sie attraktiv machen. Der Erfolg der Piraten sollte uns dabei zu denken geben. Er zeigt, dass vieles möglich ist. Außerdem ist vor Ort nach der Landtagswahl eine gewisse Müdigkeit erkennbar. Wenn man eine Landtagswahl so klar verliert, ist es klar, dass man in einem tiefen Loch landet. Da wollen wir raus und ein Themenparteitag im November soll die Weichen stellen. Wir haben es in Herne immer geschafft, unsere Mitglieder zu aktivieren und Inhalte zu präsentieren. So wird es auch diesmal sein.

Die CDU sucht einen neuen OB-Kandidaten. Haben Sie einen Vorschlag?

Nein, da sind wir im Findungsprozess. Wir schauen, wer Interesse hat – und Chancen, auch gewählt zu werden.

Wie sieht es mit Ihnen aus?

(lacht) Ich bin in Berlin sehr glücklich und gut ausgelastet.

Dort sind Sie nun schon seit fast 15 Jahren. Zu Beginn dieser Legislaturperiode wurden Sie stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschefin im Bundestag, zuletzt waren Sie auch Schattenministerin von Norbert Röttgen. Welche Ambitionen haben Sie noch?

Ich bin noch nicht amtsmüde. Und bei mir stehen die inhaltlichen Themen im Vordergrund. Da kann man etwas erreichen, wenn man hartnäckig ist, am Ball bleibt. Das möchte ich weiterhin – wenn die Herner und Bochumer CDU mich wieder aufstellen.

Wen hätten Sie gerne als Gegenkandidaten von der SPD nach dem Rückzug von Gerd Bollmann? Dort kämpfen ja bekanntlich Anke Hildenbrand und Michelle Müntefering um das Berlin-Ticket ihrer Partei.

Da bin ich völlig offen. Schön, dass es nach zwei Männern nun eine Frau wird!

Glauben Sie, dass Schwarz-Gelb es noch einmal schafft?

Da gebe ich überhaupt keine Prognose ab. Bei Umfragen ändert sich die Stimmung wöchentlich. Die Wahl wird nächstes Jahr entschieden.

Ihre Wunschkoalition?

Ich habe sowohl die Große Koalition erlebt als auch Schwarz-Gelb. Beides hatte Vor- und Nachteile. Ich bin für vieles offen.