Herne. . An einer Realschule in Herne ticken die Uhren ab nächster Woche anders: In Sodingen wird aus pädagogischen Gründen die 67,5-Minuten-Stunde eingeführt. Die Vorteile: Weniger Fächer an einem Tag und mehr Zeit für kooperatives Lernen.

Wenn am nächsten Mittwoch Hernes Schülerinnen und Schüler vom Ferienmodus auf den Schulrhythmus umschalten müssen, wartet im Osten der Stadt eine besondere Herausforderung. An der Realschule Sodingen ticken ab sofort die Uhren anders. Statt der gewohnten 45 Minuten ist eine Schulstunde dann 67,5 Minuten lang. Eine Entscheidung, um die Lehrer und Eltern lange gerungen haben. Dahinter stecken pädagogische Überlegungen.

„In 45 Minuten ist kein zeitgemäßer Unterricht mehr möglich“, begründet Schulleiter Uwe Scholle den schon länger gärenden Wunsch des Kollegiums nach einer Verlängerung der Unterrichtssunde. Dahinter steckt die Erkenntnis: Wer so genannte „kooperative Lernformen“ praktizieren will, also den klassischen Frontalunterricht hinter sich lässt, kommt nach Scholles Überzeugung mit einer Dreiviertelstunde nicht mehr hin.

Lehrer hoffen auf mehr Ruhe im Schulalltag

Das sieht auch Saskia Lohmann, Scholles Stellvertreterin, so. Der „Wechsel von Arbeits- und Sozialformen“, so der Pädagogen-Jargon, sei in längeren Einheiten besser zu bewältigen. Und das gelte für den naturwissenschaftlichen Unterricht mit einem Versuchsaufbau ebenso wie für den Sprachunterricht. Lohmann erhofft sich von dem neuen Rhythmus außerdem „mehr Ruhe im Schulalltag“, da ja weniger Fächer an einem Tag unterrichtet werden.

Schon vor drei Jahren sei das Thema „sehr emotional aufgeladen“ an der Schule diskutiert worden, berichtet die Schulspitze. Damals fiel die Entscheidung gegen verlängerte Schulstunde. denn es gibt natürlich auch Gegenargumente. Dass ein Fach nicht so häufig im Stundenplan auftaucht, wenn die Stunde mehr Minuten hat zum Beispiel. Das kann als Nachteil beim Lernen gewertet werden. Der Ganztagsbetrieb spielte dann den Befürwortern der längeren Unterrichtsstunde in die Hände. Bis in den Nachmittag hätten die Kinder bis zu acht Unterrichtsfächern zu folgen, erklären Uwe Scholle und Saskia Lohmann. „Die Schultaschen werden schwer“, sagen sie. Noch wichtiger: Gerade am Nachmittag drücke der ständige Fächerwechsel auf die Konzentration.

Das neue Modell sieht bei fünf (verlängerten) Unterrichtsstunden nur noch eine Stunde nach der Mittagspause vor. Auch für die Lehrer sieht das Schulleiter-Team Vorteile. „In acht Einzelstunden müssen wir uns ständig auf neue Schüler einlassen“, sagt Scholle. „Jetzt sind es nur noch maximal fünf Gruppen.“ Und nicht mehr acht, sondern fünf Unterrichtsstunden sind vorzubereiten.