Eine Routine-Operation im Herner Marienhospital endete 2004 in einer medizinischen Katastrophe. Die Patientin ist seitdem ein Pflegefall. Nun sprach ihr das Bochumer Landgericht eine Entschädigung in Rekordhöhe zu.

Eine Schilddrüsen-Operation, reine Routine. Doch der Eingriff im Marienhospital löste eine medizinische Katastrophe aus. Die Patientin, die Griechin Paschalini N., fiel ins Koma, ist seitdem ein Pflegefall. Nun erhielt sie vom Bochumer Landgericht eine Rekordentschädigung zugesprochen: insgesamt 300 000 Euro Schmerzensgeld, plus 130 000 Euro für vergangene materielle Schäden wie Verdienstausfall - und Zahlungen von 15 900 Euro pro Monat bis zum Lebensende, rückwirkend ab Juli 2010.

Der Hintergrund: 2004 wollte sich die Griechin einen Knoten aus der Schilddrüse entfernen lassen, deshalb sei sie extra aus ihrem Heimatland nach Herne gekommen, um sich im Marienhospital operieren zu lassen, so die Rechtsanwältin der Klägerin, Karoline Seibt. Die Operation habe N. bezahlt.

Dabei sei es zu Nachblutungen gekommen, die jedoch nicht rechtzeitig erkannt worden seien. Fatale Folge: Paschalini N., die heute 40 Jahre alt ist, erstickte fast. Und da die Reanimierung fiel zu spät eingeleitet worden sei, sei sie wegen einer Sauerstoffunterversorgung ins Koma gefallen. Als sie nach vier Monaten wieder aufwachte, war sie blind, taub, konnte nicht mehr sprechen und laufen. Darüber hinaus quälten sie epileptische Anfälle und rasende Schmerzen. „Solange ich mich im Koma befand, hatte ich solch unerträgliche Schmerzen, dass ich keine Worte finden kann, um sie zu beschreiben. Es gab keine Stelle an meinem Körper, der nicht schmerzte“, heißt es in einer Stellungnahme der Klägerin, die in der Verhandlung verlesen wurde.

Die Hirnschäden sind irreparabel. In einer zweijährigen Rehabilitation in Deutschland kämpfte sie sich halbwegs zurück ins Leben, doch normal wird es nie mehr werden. „Meine Mandantin braucht eine 24-Stunden-Pflege. Sie ist auf den Rollstuhl angewiesen, das Sprechen fällt ihr sehr schwer“, schildert Seibt die Leiden ihrer Mandantin. Zwei vom Gericht bestellte Gutachter bescheinigten der Klägerin, dass sie eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung benötigt, eine normale Beschäftigung ist für sie unmöglich.

Bei der Verhandlung vor dem Bochumer Landgericht ging es nicht um die Klärung der Verantwortlichkeit, sowohl Haftpflichtversicherung als auch Krankenhaus hatten die Haftung direkt nach dem Vorfall anerkannt. Der Streit vor Gericht drehte sich um die Höhe der Zahlungen. Karoline Seibt war deshalb erleichtert über das Urteil: „Wir haben jetzt einen Titel und können daraus das nötige Geld vollstrecken.“

Das Marienhospital äußerte sich nicht zu der Entscheidung. Es liege noch keine schriftliche Begründung des Urteils vor. Deshalb gebe es auch noch keine Entscheidung, in Berufung zu gehen, so das Krankenhaus in einer Stellungnahme.