Herne. . Das Evonik-Werk an der Herzogstraße hat Platz für 22 Fußballplätze. Ein Betriebsrundgang auf dem Gelände des Chemie-Unternehmens.
Was machen die da eigentlich an der Herzogstraße, bei Evonik? Die Antwort ist: Chemie. Genauer gesagt: Hier werden Grundstoffe für Farben und Lacke hergestellt. Die gehen zum größten Teil in die Automobilindustrie. „Die Qualität der Autolacke ist in den letzten zehn bis 15 Jahren deutlich angestiegen“, sagt Werksleiter Alfred Schmidt-Steffen (55). „Mittlerweile sind die Lacke so gut, dass ein Auto eine Beule im Blech hat, der Lack aber unbeschädigt bleibt.“ Im Herner Werk wird geforscht und produziert. Das Know-how wird dann in Evonik-Werke weltweit weitergegeben: „Wir haben ein Werk in Mobile, Alabama in den USA. Dort wird genau das Gleiche produziert wie hier. Das Wissen, das dort angewandt wird, ist made in Herne.“ In Shanghai entstehen im Moment weitere Anlagen mit den gleichen Aufgaben. Auch hier wird dann mit dem Wissen aus dem Ruhrgebiet gearbeitet.
Schmidt-Steffen ist seit zehn Jahren Werksleiter in Eickel und ein Kind des Ruhrgebiets. Er ist in Bottrop geboren, lebt heute immer noch dort. Nach der Schule hat er in Essen Chemie studiert. Er sorgt dafür, dass sich seine 370 Mitarbeiter im Werk wohlfühlen: „Ich bin ein umgänglicher Mensch. Ich sehe mich hier gerne als Trainer der Mannschaft. Ab und zu muss ich motivieren, aber auch loben und honorieren, wenn es gut läuft.“ Beim Rundgang durchs Werk wird das bestätigt. Die Mitarbeiter scheinen sich tatsächlich zu freuen, wenn sie ihren Chef sehen. „Ich rede lieber mit den Menschen als über sie.“ Das funktioniert gut.
Das Werk ist im stetigen Umbau. Seit seiner Gründung im Jahr 1936 hat es sich flächenmäßig verdreifacht und ist jetzt 250 000 Quadratmeter groß. Das sind rund 22 Fußballplätze. Eines der Kontrollzentren, in dem die chemischen Prozesse überwacht werden, wirkt wie aus den 60er-Jahren. „Ja, stimmt“, sagt Schmidt-Steffen, „das liegt daran, dass es in den 60ern gebaut wurde. Allerdings haben wir nur die Räume so belassen. Die Technik ist auf dem neuesten Stand.“ Die Menschen an den Computermonitoren tragen trotz ihres scheinbaren Bürojobs Blaumänner. „Das sind alles Chemie-Facharbeiter. Sie tragen die Anzüge, weil sie auch mal raus ins Werk müssen, wenn mal was eingestellt werden muss. Das ist ihre Arbeitskleidung. Umziehen dauert zu lange“, erklärt der Werksleiter.
Die Sicherheit der Anlagen von Evonik wird ständig kontrolliert. „Wir haben unsere eigenen Spezialisten für diese Aufgaben und noch eine Werksfeuerwehr.“ Den letzten großen Zwischenfall gab es 1984 im Werk drei der damaligen Chemischen Werke Hüls an der Shamrockstraße. Damals schlug ein Blitz in einen Tank ein. Höhere Gewalt also. Dagegen kann auch das beste Kontrollsystem keine Garantie geben.
Inzwischen ist ein weiteres Geschäftsfeld dazugekommen: Die Herstellung von Rotorblättern, die in Windkraftwerken eingesetzt werden. „Somit liefern wir auch Beiträge zu Endprodukten, die im Segment der grünen Stromgewinnung eingesetzt werden.“ Mit den Zutaten, die im Eickeler Evonik-Werk produziert werden, entstehen nicht nur Autolacke. Man findet die Chemie auch in den Beschichtungen von Ledersitzen und im Schutzlack für die Holzeinlagen in Auto-Armaturenbrettern. Der sorgt dafür, dass alles schön hochwertig glänzt.