Herne. . Auch das zeigt die Wahlanalyse: Die CDU verliert in Herne rasant an Akzeptanz, doch auch die SPD hat Probleme. Und vor allem: Die Nichtwähler waren am Sonntag mit 44,2 Prozent die stärkste Kraft
Zwei Entwicklungen, die auch anderswo zu beobachten sind, stechen in Herne ins Auge: der zunehmende Bedeutungsverlust der Volksparteien und insbesondere der CDU sowie der sich manifestierende hohe Anteil der Nichtwähler.
Die SPD ist die stärkste Partei? Die Nichtwähler bilden die mit Abstand stärkste Partei! Die Wahlbeteiligung lag bei 55,7 Prozent (2010: 55,6 Prozent). Das heißt im Umkehrschluss, dass 51 412 Menschen oder 44,2 Prozent der 116 116 Wahlberechtigten am Sonntag zu Hause blieben. Umgerechnet auf die Zahl aller Wahlberechtigten käme die SPD nur noch auf 27,6 Prozent (statt 50,5 Prozent), die CDU fiele gar unter die 10-Prozent-Marke. Ohne die Anziehungskraft der Piraten auf junge Wähler wäre das Rekordtief der Landtagswahl 2010 diesmal wohl deutlich unterschritten worden.
Unbestritten ist die sich auch in sinkenden Mitgliederzahlen dokumentierende schleichende Erosion der Volksparteien, auch wenn dieser Trend diesmal nur für die CDU galt. Das allerdings umso dramatischer – vor allem im Vergleich zu früheren Urnengängen. Erreichte die Union bei der Landtagswahl 2005 in Herne 31,3 Prozent (21 936 Wähler), so waren es 2010 noch 22,9 Prozent (14 885) und diesmal 17,5 Prozent (11 111). Auch im Paket – Summe aus SPD- und CDU-Ergebnis – wird die sinkende Akzeptanz offenbar: Die rot-schwarzen Stimmanteile sanken von 82,5 Prozent bei der Landtagswahl 2005 auf 70,7 Prozent in 2010 und 68 Prozent in 2012.
Wird sich die Entwicklung fortsetzen? „Das können uns nicht mal Wahlforscher sagen“, erklärt CDU-Chefin Renate Sommer. Neue Parteien hätten in den vergangenen Jahren viele Stimmen auf sich gezogen, auch von Protestwählern. „Und dann gibt es ja noch CDU-Wähler, die meinen, die FDP retten zu müssen“, so Sommer.
Auch bei anderen Wahlen schrumpft die Zustimmung für die Volksparteien in Herne kontinuierlich. Bei Kommunalwahlen von 84,6 im Jahr 1999 (44,5 für die SPD, 40,1 für die CDU) auf 75,8 in 2004 (44,6/31,2) und 70,3 in 2009 (45,4/25,9), bei Bundestagswahlen von 81,5 Prozent (57,8/23,7) im Jahr 2002 auf 77,2 Prozent in 2005 (54,4/22,8) und nur noch 63,6 Prozent in 2009 (40,7/22,9).
Aus Sicht von SPD-Chef Alexander Vogt ist dieser Trend noch nicht gestoppt. „Es ist generell schwierig für Organisationen, dauerhaft Menschen an sich zu binden. Das betrifft nicht nur Parteien, sondern beispielsweise auch Sportvereine“, so der 33-Jährige. Er gehe aber davon aus, dass den Menschen bei einer zu großen Zersplitterung auch die Nachteile fürs Regieren und fürs Ringen um Entscheidungen bewusst würden.