Der Weltreisende Herbert Schmidt durchquert Indien. Sein Versuch, Tiger zu beobachten, scheitert. Hier sein neuster Bericht

In dem Teil Indiens den ich zur Zeit bereise, gibt es mehrere Parks, in denen Tiger in freier Wildbahn leben. In einem von ihnen, in Bandhavgrah, sollen – wie man mir versichert – auch gezähmte Tiger leben. Dort muss ich hin. Eine Gruppe von fünf Franzosen hat die selbe Absicht, und so fahren wir mit dem Großraumtaxi los. Nur sind die Wildhüter bei unserer Ankunft sehr erstaunt und machen uns sogleich klar, dass man den offenen Jeep während der Fahrt durch den Park nicht verlassen darf. Denn zahme Tiger gebe es hier nicht, nur 65 wilde, die sich weder streicheln noch anfassen ließen. Die teure Safari wird zum Flop: Nicht ein Tiger lässt sich blicken.

Auch mein letztes Ziel in Indien, Varanasi, steuere ich mit meinen französischen Freunden an. Selbstverständlich nehmen wir ein Quartier an der Ghats, das sind die Treppen, die zum Ganges hinunterführen. Über eine Strecke von fünf Kilometern hat man hier Treppen angelegt, es ist wenig los, ich kann in Ruhe alles abwandern. An zwei Plätzen werden rund um die Uhr Leichen verbrannt. Man kann auch verfügen, dass die Asche an diesen Teil des Ganges gebracht wird. Denn Varanasi ist besonders heilig, da Shiva hier geruht hat. Die Hindus glauben, auf diese Weise dem Kreislauf der Wiedergeburt zu entkommen und ins Nirwana eingehen zu können. Nach drei Tagen verlasse ich Varanasi und Indien.

Die Bevölkerung Indiens hat bereits die Milliardenmarke überschritten, und sie wird weiter wachsen. Die Mittelschicht hat bereits kapiert, dass Kinderreichtum in die Armut führt, aber nur zwei bis drei Kinder pro Familie werden auch einen Wachstumsschub auslösen. Die Unterschichten wachsen trotz vieler Aufklärungsmaßnahmen weiter, weiter ins Elend.

Und dann sind da noch die Frauen, deren Lebenserwartung wegen unmenschlicher Ausbeutung die der Männer unterschreitet. Ihr Los ist es, zu heiraten und Kinder zu bekommen, natürlich Söhne. Bleibt die Frau kinderlos, wird sich als „Blindgänger“ verachtet. Die Frau heiratet nicht, sondern wird verheiratet. Auf den Tickets der South Indian Railways wird appelliert, seine Tochter nicht unter 18 Jahren zu verheiraten. Alles in allem ist es ein großes Unglück, in Indien als Mädchen zur Welt zu kommen.

Ich fahre weiter nach Nepal. Fortsetzung folgt.