Herne. . Der Rat hat die von der Linkspartei beantrage Einführung eines „echten“ Bürgerhaushalts abgelehnt. Alle Parteien sprachen sich jedoch grundsätzlich für mehr Bürgerbeteiligung auch beim Haushalt aus.
Die Einführung eines Bürgerhaushalts ist im ersten Anlauf gescheitert. Einem entsprechenden Vorstoß der Linkspartei stimmten im Rat nur FDP und Soziale Gerechtigkeit zu. Für eine grundsätzliche Beteiligung von interessierten Bürgern beim Haushalt sprachen sich jedoch alle Parteien aus. Wie diese aussehen könnte, soll nun im Ältestenrat erörtert werden. Diesem Gremium gehören die Ratsfraktionen von SPD, CDU, FDP und Grünen an.
Auch die Grünen stimmten im Rat gegen einen Bürgerhaushalt. Das ist umso bemerkenswerter, weil die Fraktion noch im September öffentlich die Einführung gefordert hatte (wir berichteten). Im Rat wollten die Grünen aber nicht mal einem abgeschwächten Vorschlag der Linke-Ratsgruppe folgen. Die Linke war in der Sitzung von ihrer Forderung nach Einführung des Bürgerhaushalts zum Jahr 2013 abgerückt und wollte stattdessen die Verwaltung beauftragen, bis zum Herbst ein Verfahren zur Erstellung eines Bürgerhaushaltes zu erarbeiten. Der Versuch, in einer von den Grünen beantragten fünfminütigen Unterbrechung der Ratssitzung einen breiten politischen Konsens zu erzielen, scheiterte an den Sozialdemokraten.
Die SPD-Fraktion signalisierte zwar ein „ganz klares Ja“ zu mehr Bürgerbeteiligung beim Haushalt. Aber: Diese Beteiligung soll durch einen von der Verwaltung organisierten und moderierten „Bürgerdialog“ erreicht werden, erklärte SPD-Fraktions-Chef Frank Dudda. Ein solches Verfahren sei „schmal und transparent“ und ermögliche schnelle Ergebnisse.
Die Grünen erteilten diesem Vorschlag ihres Kooperationspartners aber bereits eine Absage: „Ein solcher Bürgerdialog reicht uns nicht aus“, erklärte Fraktions-Vorsitzende Dorothea Schulte nach der Ratssitzung auf Anfrage der WAZ. Die Grünen wollten nun erneut mit der SPD verhandeln, so Schulte.
Die Abkehr von der Forderung nach einem „echten“ Bürgerhaushalt begründete der Grünen-Stadtverordnete Wolfgang Heinzel im Rat so: Die Einführung eines solchen Instruments mache nur Sinn, wenn ein „ganz breiter Konsens“ erzielt werden könne.
Von diesem Konsens ist aber selbst die Fraktion der Grünen weit entfernt: So verließen die beiden Grünen-Stadtverordneten Dirk Gleba und Julia Krüger im Rat kurz vor der Abstimmung über den Linke-Antrag den Saal, weil sie nicht gegen den Bürgerhaushalt stimmen wollten.
Für die Verwaltung bezog Kämmerer Peter Bornfelder klar Stellung: „Bei realistischer Betrachtung ist ein echter Bürgerhaushalt mit den aktuellen personellen und sachlichen Ressourcen nicht zu leisten“, betonte er. Dieses Verfahren produziere zudem erhebliche Kosten.
In sechs Städten seien Modellversuche gestartet worden. „Die Euphorie war anfangs groß, doch die Ergebnisse waren enttäuschend“, sagte der Kämmerer. Die Beteiligung von Bürgern habe zum Beispiel in Köln und Essen stark abgenommen. „Ein Dialogverfahren ist dagegen ein guter erster Schritt“, so Bornfelder.
Der Rat hat auf Initiative der SPD die Erweiterung der Haushaltskommission beschlossen. Neben den Ratsfraktionen von SPD, CDU, Grünen und FDP gehören damit künftig auch die vier Ratsgruppen - Linke, AL, Soziale Gerechtigkeit, Unabhängige Bürger - diesem Gremium an. Die 2009 eingeführte Haushaltskommission, an der auch die Kämmerei teilnimmt, bereitet federführend die politischen Beschlüsse zum Haushalt vor. Die Linke stellt zwar nach wie vor die demokratische Grundlage dieser Kommission in Frage, will aber ebenfalls an den Sitzungen teilnehmen. Veronika Buszewski (Linke) kündigte jedoch an, zeitnah den aktuellen Diskussionsstand der Haushaltskommission zu veröffentlichen.