Herne. Der AL-Stadtverordnete Maximilian Krupp (25) verlässt den Rat wegen eines Auslandsstipendiums. Für ihn rückt AL-Ratsgruppengeschäftsführer Ingo Heidinger (47) nach.
Dienstag, 14. Februar, 16 Uhr, Hauptausschuss im Rathaus – für 15 Stadtverordnete eine ganz normale Sitzung, politische Routine. Nicht so für Maximilian Krupp: Der 25-jährige Stadtverordnete der Alternativen Liste (AL) verabschiedet sich an diesem Tag nach siebeneinhalb Jahren aus der Herner Kommunalpolitik.
48 Stunden nach der Sitzung geht es für den Studenten der Regionalstudien Lateinamerika nämlich über Kanada und die USA nach Argentinien. Dort tritt er ein sechsmonatiges Stipendium an, um anschließend für ein halbes Jahr in Brasilien seine Portugiesisch-Kenntnisse zu vertiefen.
Rio de Janeiro & Zuckerhut statt Röhlinghausen & Wohnbauflächenentwicklungsprogramm – und trotzdem verlässt der Hobby-Handballer die Politik mit Wehmut. „Es hat großen Spaß gemacht“, sagt er im Rückblick.
Trotz der relativ kurzen „Laufbahn“ hat Krupp sogar Eingang in die Herner Historie gefunden: als jüngster Stadtverordneter aller Zeiten. Als 18-Jähriger zog er 2004 in den Rat der Stadt ein, nur wenige Monate nach der Gründung der Alternativen Liste.
Die große Freude sei aber schnell großer Ernüchterung gewichen, berichtet er. Ernüchterung über „das Hauen und Stechen“, „undemokratische Strukturen“, „den willkürlichen Umgang mit dem Denkmalschutz“ oder grundsätzlich „die Ignoranz“. Krupps Erfahrung: „Inhaltliche Vorschläge werden abgelehnt, nur weil sie von der ,falschen’ Partei kommen.“ Just zum Abschied Krupps sollen die „Kleinen“ im Rat nun eine Aufwertung erfahren – will die SPD doch künftig auch Ratsgruppen in die Haushaltskommission einbinden.
Trotz einiger „abschreckenden Erfahrungen“ habe er nie ernsthaft ans Aufhören gedacht, betont Maximilian Krupp. Das führt er auch darauf zurück, dass die AL „ein gutes Team“ habe. Nicht zuletzt in den zwei Jahren als Einzelkämpfer im Rat – 2009 bis 2011 – habe er Unterstützung erfahren, insbesondere durch seinen Nachfolger Ingo Heidinger.
Im Hauptausschuss am Dienstag gibt Krupp eine Art politischen Ausstand: Er beantragte anlässlich des doppelten Abiturjahrgangs 2012/13 einen Bericht der Verwaltung über „Chancen und Herausforderungen für Herne“. Die Stadt müsse mehr auf Studenten zugehen und für sich und die sich bietenden Möglichkeiten werben, fordert er. Als er noch in Bochum studiert habe, erzählt Krupp, habe er von zugezogenen Kommilitonen bisweilen die Frage gehört: „Was ist Herne?“ Die Umbenennung der U-Bahn-Linie 35 in „Campus-Linie“ könne nur ein Anfang gewesen sein.
Kann sich Maximilian Krupp nach dem Südamerika-Trip eine Rückkehr in die Heimat und auch in die Politik vorstellen? „Natürlich“, sagt er – wenn die berufliche Situation es zulasse. Und vielleicht gibt es sogar ein Comeback im Rat: Die AL werde 2014 definitiv zur Kommunalwahl antreten, so Krupp und Heidinger.
Der Neue für die AL ist ein Mann der allerersten Stunde: Ingo Heidinger war einst Mitbegründer der Alternativen Liste und seit dem Einzug in den Rat im Jahr 2004 Geschäftsführer – zunächst für die Ratsfraktion, dann ab 2009 ehrenamtlich für den Einzelkämpfer Krupp und seit dem Rübermachen von Rainer Kielholz (Soziale Gerechtigkeit) für die AL-Ratsgruppe.
Ein Studium der Elektrotechnik an der Ruhr-Uni gehört ebenso zur Biografie des 47-Jährigen wie ein Job beim TV-Sender DSF (heute: Sport 1), für den er einst die Internet-Seite des Magazins „Faszination Oldtimer“ betreute.
Politisch sieht Heidinger seinen Schwerpunkt vor allem in der Verkehrspolitik und der Stadtplanung. Der gebürtige Bielefelder rückte in den Rat nach, weil die auf der Reserveliste vor ihm platzierte Anette Jung aus beruflichen Gründen verzichtete.