Herne. Hernes Oberbürgermeister Horst Schiereck zieht im Interview fürs Jahr 2011 eine positive Bilanz.

War 2011 ein gutes oder ein schlechtes Jahr für Herne?

Horst Schiereck: Es gab positive und negative Ereignisse. Aber insgesamt war es ein gutes Jahr.

Welches Ereignis ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Auch wenn es schon länger her ist: Das ist der vergangene Winter. In der Abwägung zwischen weißer Weihnacht, wie beim letzten Mal, und dem aktuellen Bethlehem-Wetter – 10 Grad und Regen – plädiere ich für Letzteres. Der Winter war ein einschneidendes Ereignis. Dann war da in 2011 natürlich noch der Brand im Wananas.

Sie haben nur wenige Stunden nach dem Brand gesagt, dass das Freizeitbad wieder aufgebaut werden soll. Wie ist denn der aktuelle Wasserstand?

Es gibt noch eine Menge Versicherungsfragen zu klären. Wir müssen auch noch ausloten, wie sich künftig die steuerliche Seite unseres Bäderbetriebs darstellen wird. Und dann muss entschieden werden, wo und wie gebaut wird. Die Politik hat nun die Möglichkeit, auch in Kombinationen zu denken.

Das heißt: ob die Funktionen des sanierungsbedürftigen Hallenbads Eickel für Schulen und Vereine in einen Neubau integriert werden soll.

Richtig. Die Stadt wird entsprechende Planungsalternativen entwickeln. Ich gehe fest davon aus, dass es einen Neubau geben wird und Politik es nicht wagt, eine andere Entscheidung zu treffen. Aus finanzieller Sicht ist es natürlich so, dass wir ohne das Wananas 600 000 Euro jährlich sparen würden. Daran sieht man auch, wie hoch der Subventionsbedarf öffentlicher Einrichtungen ist.

Woran denken Sie am Jahresende 2011 denn gerne zurück?

An den ersten Spatenstich für das Zurbrüggen-Möbelhaus. Und ich denke natürlich wie immer gerne an die Cranger Kirmes zurück. Wir haben das Experiment gewagt, schon am Donnerstag zu eröffnen - mit Erfolg. Und was uns in 2011 alle überrascht hat, sind die vielen Bewerbungen für die Grundstücke an der Gartenstraße. Das zeigt, dass Herne attraktiv ist.

Stichwort: Behördenviertel rund ums Rathaus. Wie schätzen Sie die Chancen ein?

Nachdem das Land beim Justizzentrum zunächst etwas in den Raum gestellt und erst dann gerechnet hat, gehe ich mal davon aus, dass der zuständige Landesbetrieb BLB nun genau überlegt, wie es weitergehen kann. Ich glaube, der BLB setzt zurzeit aber die Priorität bei anderen Projekten. Ich hatte ein Gespräch mit der Polizeipräsidentin. Sie hat mir gesagt, dass Sie weiterhin den Umzug von der Wache am Friedrich-Ebert-Platz in einen Neubau anstrebe, sie aber keine Eile habe. Uns geht es genauso. Ich würde gerne am Rathaus die Teile der Verwaltung konzentrieren, die in abgängigen Gebäuden untergebracht sind. Außerdem bin ich grundsätzlich ein Freund davon, die Verwaltung relativ konzentriert unterzubringen.

Stichwort: Wanne-Herner Eisenbahn. SPD-Fraktions-Chef Frank Dudda hat gesagt, dass die Übernahme der Stadttochter WHE durch die Stadtwerke eine Sternstunde der kommunalen Wirtschaft sei. Würden Sie das aus heutiger Sicht unterschreiben?

Die Stadtwerke haben sich zunächst grundsätzlich überlegt: Welche Wachstumschancen gibt es noch? Es war ein unternehmensstrategisch richtiger Schritt, zwischen den Häfen Dortmund und Duisburg über die Mitte, den Herner Hafen, nachzudenken. Langfristig glaube ich an die logistische Zukunft des Hafens, denn es wird eine Renaissance des Wasserwegs geben. Dann hätte ein Logistikunternehmen wie die WHE, die einen Hafenanschluss hat, große Vorteile. Aber die Stadtwerke müssen sich auch fragen, wie lange sie wirtschaftsfördernde Maßnahmen bei der WHE durchführen können und wann es eine schwarze Zahl geben muss.

Laut Wirtschaftsplan will die WHE 2012 bei der Belegschaft im kommenden Jahr 500 000 Euro einsparen. Der Betriebsrat, Verdi und auch der CDU-Fraktions-Chef können das angesichts der von den Mitarbeitern bereits erbrachten großen Opfer nicht nachvollziehen.

Ich kann nur auf Tatsachen verweisen. Bei der WHE liegt der Kostenblock Löhne und Gehälter bei 60 Prozent, bei vergleichbaren Gesellschaften bei 30 Prozent. Daraus kann jeder seine eigenen Schlüsse ziehen.

2012 muss sich die Stadt entscheiden, ob sie am Stärkungspakt des Landes teilnehmen möchte. Ihr Kämmerer Peter Bornfelder hat sich dafür ausgesprochen, die SPD hat mit Blick auf die zu erbringenden eigenen Sparanstrengungen zunächst mal dazwischen gegrätscht. Wo steht der OB in dieser Frage?

Der Stärkungspakt ist mit Blick auf die im Raum stehenden Millionen sicherlich interessant. Ich kann aber auch Herrn Dr. Dudda und die Politik verstehen. Wir alle wissen ja nicht, was passiert, wenn die eigenen Sparanstrengungen nicht reichen. Man muss Ratsmitglieder davon überzeugen, dass dieser Schritt ein Jahr vor der Kommunalwahl sinnvoll ist. Das wird eine spannende Diskussion.

Viele Ihrer Kollegen haben den Stärkungspakt grundsätzlich in Frage gestellt. Sie und Ihr Kämmerer nicht. Warum nicht?

Als erster Schritt ist der Stärkungspakt zur Entschuldung der Städte richtig. Die meisten Kritiker kommen aus Städten, die gute Einnahmen haben. Ich will keine Namen nennen, aber: Städte, die eine Universität, den Sitz eines Regierungspräsidenten oder viele Sparkassenorganisationen haben, die kann jeder. Düsseldorf kann ich auch, Herne ist viel schwieriger. So lange Städte wie Herne finanziell nicht so ausgestattet werden, wie es den Aufgaben entspricht, ist es eine Sisyphusarbeit.