Herne. Ein ehemaliger Lehrer einer Herner Hauptschule musste sich am Donnerstag wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht verantworten. Zwei Schülerinnen hatten den 54-Jährigen angezeigt. Die Bochumer Richter sprachen den Pädagogen jedoch frei. Begründung: Die Erheblichkeitsschwelle wurde nicht erreicht.

Es passierte beim Handball, die 6. Klasse einer Herner Hauptschule übte gerade „Manndeckung“: Vor rund anderthalb Jahren soll sich ein Sportlehrer (54) plötzlich an einer 14-jährigen Schülerin „gerieben“ haben. Verurteilt wurde er allerdings nicht: Das zuständige Jugendschutzgericht in Bochum sprach den Pädagogen gestern nach zweistündiger Verhandlung vom Vorwurf des sexuellen Kindesmissbrauchs frei.

Die Begründung: Sexuelle Absichten seien nicht zu erkennen. Im Gegensatz zu den Richtern ist Staatsanwältin Heike Pauer allerdings nach wie vor von der Schuld des Sportlehrers überzeugt. Sie hatte im Prozess anderthalb Jahre Haft auf Bewährung gefordert und auch gleich noch ein zweijähriges Berufsverbot beantragt. „Der Angeklagte hat seine Vertrauensposition ausgenutzt“, sagte Pauer in ihrem Plädoyer. „Er hat sich als ungeeignet für die Erziehung und Beaufsichtigung von Kindern erwiesen.“ Es gilt als sicher, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Freispruch Berufung einlegen wird.

Eine Schwester der betroffenen Schülerin machte ihrem Unmut gleich nach der Urteilsverkündung Luft. „Muss erst eine richtige Vergewaltigung passieren, bevor jemand bestraft wird“, rief sie den Richtern laut und wütend zu. „Außerdem war doch da noch viel mehr. Der hat sie doch auch immer in sein Zimmer geholt.“

Der Lehrer selbst hatte dagegen bis zuletzt seine Unschuld beteuert. „Da war nichts, gar nichts“, sagte er den Richtern. Natürlich könne es sein, dass er die Schülerin bei der „Manndeckung“ kurz berührt habe, aber das sei dann zufällig passiert. „Handball wurde bei uns ohne Körperkontakt gespielt.“

Auffällig ist allerdings, dass Handball in der 6. Klasse eigentlich gar nicht auf dem Lehrplan steht – auch, um verfängliche Situationen zu vermeiden. Doch daran hat sich der 54-Jährige nicht gehalten.

Ein weiterer sexueller Übergriff soll im Deutsch-Unterricht passiert sein. Laut Anklage strich der Angeklagte einer 13-jährigen Schülerin mit der Hand über Rücken und Po. In diesem Fall sahen die Richter die Schwelle zur Strafbarkeit allerdings noch nicht erreicht. Als „verwerflich“ stuften sie das Verhalten trotzdem ein: „So etwas gehört sich einfach nicht“, kommentierten sie das Verhalten.