Herne. . Trotz positiver Tendenz bei der Spendebereitschaft fordern Herner Mediziner mehr Organspender. Druck wollen sie jedoch nicht ausüben.

Sommerwetter ist Spenderwetter, hieß es früher mitunter sarkastisch in Transplantationskliniken – in Anspielung auf die Unfallopfer im Straßenverkehr, die so zu potenziellen Organspendern wurden. Heute ist das anders: Der Verkehr ist sicherer geworden, die Unfallzahlen sinken. Und die Organspender finden sich längst nicht nur unter verunglückten Motorradfahrern. „Die meisten Spender bei uns sind Patienten, die an anderen Krankheiten versterben“, sagt Friedrich Jockenhövel, Chefarzt für Innere Medizin am Evangelischen Krankenhaus (EvK).

Organe spenden kann jeder, vorausgesetzt, Patient oder Angehörige haben vorab zugestimmt. Und natürlich nur, wenn die Ärzte keine Chancen mehr sehen. „Wenn wir wirklich nicht mehr helfen können und ein Patient wirklich hirntot ist“, betont Jockenhövel, „kommt er als Spender in Betracht.“ Gespendet werden können etwa Niere, Lunge, Herz oder Leber, manchmal auch nur die Hornhaut. Das kommt auf den Zustand der Organe an.

Mehr als 15 000 Menschen warteten in Deutschland auf ein Spenderorgan, mehr als 10 000 vergeblich, sagt Jockenhövel. Die Entscheidung, wie im Todesfall mit den eigenen Organen umgegangen werden soll, ist eine sehr persönliche. Stimmt ein Patient oder dessen Angehörige einer Organspende zu, erfolgt die Entnahme gleich vor Ort. Das EvK arbeitet in Kooperation mit dem Essener Transplantationszentrum, das schickt im Falle einer so genannten Explantation ein Spezialisten-Team nach Herne. Die Organe werden entnommen und dann in Essen transplantiert. Wer sie bekommt, darüber entscheidet die Dringlichkeit – und eine Warteliste.

„Da nützt es auch nichts, wenn man der Kaiser von China ist“, sagt Klaus Kisters, Chefarzt der Medizinischen Klinik I des St. Anna-Hospitals. Die Vergabe erfolge gerecht, anders ginge es nicht. „Es gibt unheimlich viele Menschen, die auf ein Spenderorgan warten“, weiß Kisters. In der Wirtschaft würde man sagen: Die Nachfrage übersteigt das Angebot.

Durchschnittlich verzeichnet das St. Anna-Hospital eine Spende pro Jahr, das EvK bringt es auf zwei. Dass es nicht mehr sind, liegt an den Spendevoraussetzungen: Explantationen sind schließlich nur nach einem Hirntod möglich. Aber auch die Bereitschaft zur Spende könnte größer sein. „Im Moment haben wir wieder steigende Spenderzahlen in Deutschland“, sagt Kisters, trotzdem: „Die Organspende ist immer ein schwieriges Thema.“

„Vernünftige Aufklärung“ fordert der Mediziner, gerade die Politik könne dem Thema ein größeres Gewicht verleihen. Die Entscheidung ist dann letztendlich aber eine persönliche. Wer spenden will, verfügt das am besten per Spendeausweis. Liegt keine Verfügung vor, entscheiden die Verwandten und Partner. „Wir fragen bei todkranken Patienten die Angehörigen an“, sagt Friedrich Jockenhövel vom Evangelischen Krankenhaus. Reagierten die ablehnend, gelte es, die Entscheidung zu akzeptieren. „Ich halte es für völlig unangemessen, Druck auszuüben“. Ein schwieriges Thema eben.