Herne. Das zum 1. November eingeführte Sozialticket ist in Herne noch ein Ladenhüter. Nur 580 von 30 000 Berechtigten fragten bisher bei den Behörden nach dem 29,90 Euro teuren Monatsticket.
Stell dir vor, es gibt ein Sozialticket - und kaum einer möchte es haben! Die zum 1. November in Herne und zahlreichen anderen Revierstädten für eine 14-monatige Testphase eingeführte 29,90 Euro teure Monatskarte erweist sich zum Start als Ladenhüter: Nur 580 von rund 30 000 Herner Anspruchsberechtigten sind bisher im Jobcenter oder bei der Stadt vorstellig geworden.
Das entspricht einem Anteil von 1,9 Prozent. Die Zahl der Sozialticket-Nutzer dürfte sogar noch niedriger liegen, denn: Bei den Behörden erhalten Empfänger von Hartz IV, Wohngeld oder Grundsicherung nämlich „nur“ einen Berechtigtenausweis. Das Ticket gibt es gegen Vorlage dieses Ausweises bei der HCR. Verlässliche Verkaufszahlen lägen erst Ende der Woche vor, so Dirk Rogalla (HCR).
Jobcenter-Vize Monika Stefanski konnte der schleppende Start nicht überraschen: „Wir hatten nicht mit einem Run gerechnet.“ Immerhin habe die Nachfrage in den vergangenen zwei Wochen etwas angezogen: 500 von 20 000 Hartz-IV-Empfängern ließen sich bisher einen Berechtigtenausweis beim Jobcenter ausstellen. Noch ernüchternder sind die Zahlen bei der Stadt, wo sich 80 von 10 000 Berechtigten in Sachen Sozialticket meldeten.
Knapp 30 Euro sei „viel Geld“ für die Bezieher von Arbeitslosengeld II, gibt Monika Stefanski zu bedenken. Und auch aus Sicht von Brigitte Bartels, stellvertretende Leiterin im städtischen Fachbereich Soziales, könnte die Zurückhaltung mit dem Preis zu tun haben. Für eine echte Bilanz sei es aber noch viel zu früh, so Stadt und Jobcenter. Vielleicht müsse sich das neue Angebot auch noch mehr herumsprechen, so der Tenor.
Bestätigt fühlen sich derweil die Herner Linken, die im Rat mit einem Antrag auf ein 15-Euro-Sozialticket gescheitert waren. „Das Ticket ist einfach zu teuer“, so Ratsgruppengeschäftsführer Daniel Kleibömer zur WAZ. Bestätigt sieht sich die Linke durch eine Fragenbogenaktion, die die Partei am Montag vorm Jobcenter durchgeführt hat.
Kritik am Preis übt auch Franz-Josef Strzalka vom Arbeitslosenzentrum. Man hätte sich an den 15 Euro orientieren müssen, die in den Hartz-IV-Regelleistungen für den ÖPNV vorgesehen sind, sagt der Arbeitslosenberater.
Ein preisgünstigeres Ticket ist auf VRR-Ebene aus Kostengründen verworfen worden. Skeptiker gehen sogar davon aus, dass die vom Land für die Modellphase in NRW zur Verfügung gestellten 45 Mio Euro zum Ausgleich der Defizite nicht ausreichen werden.