Wanne-Eickel. . Um des Deutschen liebstes Kind - das Automobil - dreht sich die neue Revue in Stratmanns „Mondpalast von Wanne-Eickel“. Und natürlich auch um die Fahrerinnen und Fahrer. Die WAZ war bei der ersten Vorpremiere von „Anne Tanke“ dabei.
Stratmann-Fans aus dem ganzen Ruhrgebiet strömten in den Mondpalast, als gäbe es den Sprit an einem Freitagabend tatsächlich für 59 Cent. Die erste Vorpremiere der Revue „Anne Tanke“ dreht sich zwar weniger um Spritpreise, dafür aber um des Deutschen liebstes Kind: Das Automobil. Anne Petroleit, gespielt von Silke Volkner, führt die Tankstelle EGAL und schwärmt gern von den guten, alten Zeiten, als die Familie noch gemütlich im Käfer nach Italien fuhr.
Manipulierter Sprit an Annes Tanke ist schuld, dass heute kein Auto mehr fährt und so bleiben alle gezwungenermaßen „anne Tanke“. Was als Katastrophe begann, wird zu einem sensationell witzigen Tag. Bräutigam Patrick Berger, gespielt von Dirk Emmerich, hätte fast lieber seine eigene Hochzeit verpasst, als den geliebten Benz alleine zurückzulassen. Der seriöse Auto- und Polier-Fetischist Reinhald Strobel (Axel Schönbrunn), witterte ein großes Geschäft, was Mantafahrer Arnulf Tesche (Thorsten Brunow) so gar nicht passte. Sonst ist bei Anne die Welt noch in Ordnung: Die Tankwartin kennt ihre Pappenheimer und ist um kein Schwätzchen verlegen, Würstchen gibt’s von Annes Sohn Berni, dem Mechaniker. Dazu werden Erinnerungen aus 40 Jahren Automobilität wach.
Das originelle Bühnenbild von Matthias Handrick und die wunderbar ausgewählte Musik machen diese Revue einzigartig. Alle Autos sind aus Pappe und mit so viel Liebe zum Detail gemacht, dass sie zu Hauptdarstellern werden. Von Ente, über Manta bis zum Mini - da waren Liebhaber am Werk. Klassiker der Musikgeschichte wie „Que sara“, werden zu: „Ich fahr, ich fahr’“, Motto für die etwas angespannte Übermutter und Jeepfahrerin Jutta Schulz, gespielt von Susi Fernkorn. Mit ihrer herausragenden Stimme besingt sie ihren Alltag, der vom Herumkutschieren ihrer Kinder namens... (nein, dieser Gag wird nicht verraten) bestimmt ist. Nicht das einzige Klischee, das in üblicher Stratmann-Manier bedient wird. Der kiffende Ente-Fahrer ist genauso unausweichlich wie die hübsche Mandy, die ausschließlich Mini fährt und nie lange allein bleibt. Radfahrer gelten als dubios: Liane Domin (Ute Schütgens), hatte zeitweise nicht viel zu lachen mit ihrem „Esel“. Sprüche wie „Normal is, wenn dat Ding auf’m Dachgepäckträger festgezurrt is!“ boten jedem eingefleischten Autofahrer die beste Identifikations-Plattform. Klimawandel und überhöhte Spritpreise sind an diesem Abend kein Thema, aber hier geht es auch schließlich nicht um ein kritisches Stück zur Weltpolitik.
Der Mondpalast war voll. In der Pause drängten sich die Besucher um Currywurst und Frikadelle. Die Vorpremiere verlief, bis auf einen kleinen musikalischen Einspielfehler, reibungslos. „Die Vorpremieren sind eine alte Theatertradition bei Komödien, um zu gucken, ob die Gags funktionieren“, erklärt Intendant Thomas Rech kurz vor der Premiere. Sie funktionieren. Manche sogar zu gut, so dass die eigentliche Pointe im Nebensatz unterging. Doch der Begeisterung des Publikums tat das keinen Abbruch.