Wanne-Eickel/Herne/Bochum. . Gian-Luca Paderi aus Eickel ist jetzt zum dritten Mal bei der Urbanatix-Show in der Bochumer Jahrhunderhalle dabei. Zuvor wird intensiv in der Bochumer Marienkirche geübt.
Zeichnungen biblischer Szenen zieren die eine Wand. Daniel in der Löwengrube ist da zu sehen, Jesus am Kreuz, die Tiere, die die Rampe zur Arche hinaufziehen. Hohe Säulen, eine Empore – viel mehr erinnert nicht daran, dass man sich mitten in einem Kirchenschiff befindet.Denn in der Marienkirche an der Bochumer Viktoriastraße finden längst keine Gottesdienste mehr statt. Hier trainieren Jugendliche und junge Erwachsene für die neuen Urbanatix-Shows, die am Freitag, 11. November, in der Jahrhunderthalle in Bochum starten.
Da, wo sich früher Bänke reihten, stehen große Kästen, Stangen, ein Trampolin. Auf dem Boden liegen dicke blaue Matten. Altar, Kanzel und Taufbecken sind einer Tanzfläche und einer Spiegelwand gewichen. Statt von Orgelklänge n ist die Luft von fetten HipHop-Beats erfüllt. Hier üben Breakdancer ihre „Moves“ – so nennt man die Bewegungen – oder BMX-Biker ihre waghalsigen Sprünge.
Auch Gian-Luca Paderi kommt regelmäßig her. Der 20-jährige Eickeler wird bei den diesjährigen Shows in der Jahrhunderthalle bereits zum dritten Mal sein Können in der Disziplin Parkours/Freerunning unter Beweis stellen. „Zwei- bis dreimal die Woche trainiere ich explizit für die Show“, sagt Paderi, der gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr bei einem Behindertenfahrdienst absolviert.
Normalerweise üben Freerunner ihren Sport im Freien aus, überwinden dabei nahezu akrobatisch die Hindernisse, die sie im urbanen Raum naturgemäß vorfinden: Bänke, Mauern, Garagen, im Extremfall sogar Häuser oder Hochhausschluchten. „Freerunning für eine Show ist schon was anderes als der Sport im Freien“, betont Paderi. „Da kommt es mehr auf die Choreografie und die Synchronität an.“ Außerdem müsse man die Bewegungen ins Extreme ziehen, damit auch der Zuschauer in der letzten Reihe erkennen können, worum’s geht.
Vor vier Jahren hat Paderi mit Parkours und Freerunning angefangen, seit drei Jahren wirkt er bei Urbanatix mit. Mittlerweile gibt er sogar selber Workshops und ist Parkours-Trainer beim Hochschulsport der Ruhr-Universität Bochum.
In der Marienkirche demonstriert Paderi, wie ästhetisch die Überwindung eines Hindernisses – in diesem Fall des Turngerätes Pferd – aussehen kann. Er nimmt Anlauf, springt vom Boden ab, vollzieht eine halbe Drehung, stützt sich rittlings auf dem Pferd auf. In der weiteren Drehung schwingen die Beine durch die Luft. Anstatt auf dem Boden landet der Freerunner an der Wand eines großen Holzkastens, ein bisschen so, wie Spiderman, der an einer Hauswand klebt. Ungefährlich wirkt das Ganze nicht.
„Vor neuen Sprüngen habe ich sogar oft ganz ganz viel Angst“, gibt Paderi zu. Das sei auch gut. Schwere Verletzungen seien ihm bislang erspart geblieben. Um einen neuen Sprung einschätzen zu können, teilt Paderi ihn in mehrere Phasen ein und tastet sich so langsam an die endgültige Vollendung an.
Die Sprünge, die der Freerunner ab dem 11. November zeigen muss, beherrscht er sicher. Dennoch sagt er: „Nervös bin ich vor jeder Show, ist jeder der Mitwirkenden. Ich freu mich trotzdem, denn das ist eine Angst, die nicht hemmt, sondern motiviert.“
Wer bei einer der Vorstellungen in der Jahrhunderthalle dabei sein will, muss sich beeilen. Nur noch wenige Karten sind verfügbar.