Herne. .
Für die Herner Wirtschaft ging es im ersten Halbjahr bergauf. Erste Stimmen befürchten nun das Ende des Wachstums.
Der Höhepunkt des Aufschwungs ist erreicht – das jedenfalls prognostiziert der Verband „arbeitgeber ruhr“ nach seiner jüngsten Konjunkturumfrage unter 1500 Mitgliedsunternehmen. Zwar gehe es der heimischen Wirtschaft weiterhin gut, den Scheitelpunkt der Hochphase hätten die Ruhrgebietsunternehmen allerdings zur Jahresmitte überschritten. Die Konjunktur-Prognosen für das bereits laufende zweite Halbjahr 2011 deuteten auf eine „nachlassende Wachstumsdynamik“ hin, so „arbeitgeber ruhr“.
Gerade der schwächelnde Export, gestiegene Rohstoffpreise und die Turbulenzen auf den Finanzmärkten sowie „die labile Konjunktur in den USA“ könnten den Unternehmen in Zukunft zu schaffen machen, sagt Dirk Erlhöfer. Das Jahr 2011: „eine Nagelprobe für die Robustheit des Aufschwungs“, sagt der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands Ruhr-Lippe, in dem auch Herner Unternehmen vertreten sind. „Ich sehe den Aufschwung zwar noch nicht als beendet“, betont Erlhöfer, „allerdings scheint der Höhepunkt überschritten zu sein.“
Mit Spekulationen ist Eva Kerkemeier in den letzten Jahren vorsichtig geworden. Die Erste Bevollmächtigte der Herner IG Metall zieht für das abgelaufene Halbjahr ebenfalls eine positive Bilanz, blickt allerdings optimistischer in die Zukunft. „Es geht uns gut“, meint Kerkemeier, „die Tendenz ist noch bis Anfang 2012 positiv, teilweise sogar noch länger.“ Von einem Herner Betrieb wüsste sie, der weiterhin Probleme habe. „Aber das hat nicht ursächlich mit Auf- oder Abschwüngen zu tun.“ Welche Auswirkungen die fortwährenden Euro- und Finanzmarktkrisen auf die Wirtschaft in Herne haben, vermag Kerkemeier nicht zu beurteilen: „Das kann genauso schnell gehen wie 2008.“ Müsse es aber nicht.
Eben darum müsse man das internationale Finanzgebaren genau im Auge behalten, mahnt Jörg A. Linden von der IHK Mittleres Ruhrgebiet. „Die Finanzkrise, die Rettungsschirme, die Debatten der Regierungskoalition, all das kommt in der Wirtschaft an“, sagt der IHK-Sprecher. „Die Wirtschaft ist sehr besorgt über die Situation auf den Finanzmärkten.“ Wie es weitergeht, mag auch er nicht voraussagen, die IHK-Herbstumfrage sei gerade erst angelaufen. „Mit Bewertungen halte ich mich zurück“, sagt Linden. Soviel jedenfalls: Noch im Frühjahr waren die Auftragsbücher voll.
Zu diesem Ergebnis kommt auch die Umfrage von „arbeitgeber ruhr“: 80 Prozent der befragten Unternehmen vermeldeten demnach eine gute oder sogar bessere Auftragslage als im Herbst 2010; 85 Prozent gaben an, ihre Rendite mit den Schulnoten befriedigend bis gut bewerten zu können. Nur die Metall- und Elektroindustrie hinkte leicht hinterher, steht laut „arbeitgeber ruhr“ konjunkturell aber immer noch „gut da“. Ein Trend, auf den Gewerkschafterin Kerkemeier für den Rest des Jahres aufbauen will.
Statt in die Glaskugel zu schauen oder gar schwarz zu malen, wirbt sie in schwierigen Zeiten um ein wenig Optimismus. Eva Kerkemeier: „Man kann so eine Krise auch herbeireden.“