Herne. . Kirsten Buttgereit ist 41 Jahre alt und vor Kurzem neu geboren. Das sagt die Verkäuferin über den Tag, an dem die Ärzte des St. Anna-Hospitals verhinderten, dass die Gelsenkirchenerin den Rest ihrer Tage, vom Kopf abwärts gelähmt, im Rollstuhl verbringt.
Kirsten Buttgereit ist 41 Jahre alt und vor Kurzem neu geboren. Das sagt die Verkäuferin über den Tag, an dem die Ärzte des St. Anna-Hospitals verhinderten, dass die Gelsenkirchenerin den Rest ihrer Tage, vom Kopf abwärts gelähmt, im Rollstuhl verbringt. Eine anscheinende Muskelverspannung habe sich als Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule entpuppt und hätte ohne sofortige Not-Operation zwangsläufig zur Querschnittslähmung geführt, so die 41-Jährige.
„Ich bin einfach nur dankbar“, sagt Buttgereit. Sie hätte schon immer Probleme mit Verspannungen und Rückenschmerzen gehabt. Durch eine wachstumsbedingte Fehlstellung der Wirbelkörper (Morbus Scheuermann), käme das bei ihr häufiger vor. Weshalb ihr Hausarzt ob der neuerlichen Schmerzen auch nicht sonderlich beunruhigt war.
„Er hat mir Krankengymnastik und Spritzen verschrieben“, erinnert sich Buttgereit, „aber das hat alles nicht geholfen, die Schmerzen wurden immer schlimmer.“ Drei Wochen später war ihr Zustand kaum noch zu ertragen. „Es waren stechende Schmerzen, erst im linken Oberarm, in der Nähe der Achselhöhle, dann zog sich die Verspannung auch über die Schultern in den rechten Arm. Später hatte ich Schmerzen am ganzen Körper.“ Die drei Nächte, bevor Buttgereit ins Krankenhaus eingeliefert wurde, verbrachte sie sitzend in einem Gartenstuhl. „Ich konnte mich beim besten Willen nicht hinlegen.“
Als sie wieder bei ihrem Hausarzt vorstellig wurde, überwies er sie sofort ins St. Anna-Hospital. Mittlerweile spürte sie Stromstöße im ganzen Körper, die Schmerzen waren so stark, dass sie sich für eine Magnetresonanztomographie (MRT) nicht still auf die Bahre legen konnte. Bei einem zweiten Versuch wurde Buttgereit unter Medikamenteneinfluss in die MRT-Röhre geschoben. „Aber sie haben nur ein paar verwackelte Bilder machen können, ich konnte immer noch nicht still liegen.“ Auf den unscharfen Aufnahmen war die beschädigte Bandscheibe aber schon zu erkennen. Am nächsten Tag wurde ein weiteres MRT gemacht, um ganz sicher zu gehen. Mit einem Kissen im Nacken und reichlich Opiaten im Blut konnten einige scharfe Aufnahmen von Buttgereits Halswirbelsäule gemacht werden. Ein Bandscheibenvorfall, in diesem Bereich der Wirbelsäule und in dieser Ausprägung recht selten. Ein Nerv war durch die verschobene Bandscheibe schon geschädigt, zwei weitere abgeklemmt. „Der Arzt, der mich nach dem MRT untersuchte, sagte mir, ich hätte noch zwei Stunden Zeit, mich operieren zu lassen, ansonsten würde ich querschnittsgelähmt sein.“ Dann ging alles ganz schnell: Innerhalb einer Stunde wurde ein OP-Team zusammengestellt und in einer zweistündigen Not-Operation wurde die defekte Bandscheibe gegen ein Titan-Cage ausgetauscht.
„Nach der Operation waren die stechenden Schmerzen sofort weg“, erinnert sich Buttgereit. Ein großes weißes Pflaster auf ihrem Hals erinnert an den riskanten Eingriff. Noch hat Buttgereit Taubheitsgefühle in Armen und Beinen. Ihren Hals kann sie auch noch nicht richtig drehen und muss ihn bei Autofahrten mit einer Halskrause vor Erschütterungen schützen. „Mir wurde gesagt, dass sich in den nächsten sechs Monaten noch einige Symptome zurückbilden könnten, alles, was danach noch übrig ist, bleibt. Aber das ist immer noch besser als ein Leben im Rollstuhl,“ sagt Kirsten Buttgereit.