Wanne-Eickel. .
Piel op no Crange: Guildo Horn rockte zum offiziellen Start der Cranger Kirmes das Bayern-Festzelt. Der traditionelle Fassanstich mit OB Horst Schiereck und Ministerin Sylvia Löhrmann klappte wie am Schnürchen.
Die Bayernzelt-Gesellschaft ist streng hierarchisch geordnet: In der ersten Reihe sitzen die Pressevertreter, in der zweiten und dritten die Politiker und Wirtschaftsleute, und dahinter das gemeine Volk. Das freut sich ganz überwiegend auf das Spektakel, nur die ersten drei Reihen hocken erfahrungsgemäß ein wenig grimmig da, lassen das Programm über sich ergehen und hoffen nicht selten, dass bald Schluss ist – sie sind ja schließlich nicht zum Spaß da. Wenn, ja wenn aber selbst die Medienmeute und die Schlips-tragenden Volksvertreter und Unternehmer aufstehen, schunkeln, singen, dann muss der Bühnenkünstler gut sein.
Und bei Guildo Horn standen, schunkelten, sangen sie alle. Was für ein Auftritt des Sozialpädagogen aus dem Moseltal! Anderthalb Songs dauert es – „Ti Amo“ und ein paar Takte von „17 Jahr, blondes Haar“ –, bis 1) der Sänger nass geschwitzt und 2) das Publikum in Laune gesungen ist. Und dann hatte er nicht nur die einschlägigsten Schlager der letzten Jahrzehnte in petto, er war auch noch witzig. „Ihr denkt bestimmt: Der ist ein Star, der hat’s einfach gehabt im Leben“, fabulierte Horn. „Der fährt ein dickes Auto, der kann alle Frauen bekommen.“ Oder wie er mitten im Zelt auf einer Lautsprecherbox stand, in grüner 70er-Disco-Kutte und mit Absatz-Schuhen, wie sie in Wanne-Eickel sonst höchstens Hotte Schröder trägt, und den Zuschauern selbstbewusst aus den Gesichern las: Er wisse, „auf der Bühne will man schöne Menschen sehen.“ Falls Sie mit dem Namen Horn kein Gesicht und vor allem keinen Körper verbinden: Der liebe Guildo ist 48, bastelt sich mit viel Gel aus dem verbliebenen Haarkranz eine Frisur und folgt dem Prinzip: Brust rein, Bauch raus.
Und was für eine Rampensau er ist! Wenn er durch die Reihen rannte, hetzten ihm die Leibwächter hinterher und hatten größte Mühe, auch nur ansatzweise Sicherheitsabstand herzustellen. Zum Glück ist Crange eine Familien- und keine Krawallkirmes – nix passiert. Ein paar Mal hüpfte er von der Bühne, knutschte Fotografen und Kameramänner ab und schäkerte mit Frauen jedes Alters. „Ich bin“, erklärte der Trierische Volksfreund, „gespickt voller Sexualität.“
Um 15.25 Uhr, so sah es der offizielle Ablaufplan vor, sollte es eine „Zugabe“ geben – die war also von vornherein fest eingeplant. Bei Horn kein Risiko, er wurde euphorisch verabschiedet. Als DJ Ötzi letztes Jahr die Kirmes eröffnete, war das schon richtig klasse. Horn musste den Vergleich nicht scheuen. Mal sehen, wer nächstes Jahr kommt. Die sprichwörtliche Latte, sie wird höher und höher.