Herne. .
Der Nacht-Express bringt am Wochenende die Party-Gänger nach Hause. Unterwegs im NE 31.
Am Herner Bahnhof ist nicht mehr viel los. Vor der Halle drücken sich ein paar Gestalten herum, der Taxistand liegt verwaist im Halbdunkel. Taxis warten keine. Kunden auch nicht. Nur der Busbahnhof gegenüber ist hell beleuchtet – und belebt. Für manche ist es doch wieder spät geworden, auch für Martin Hörmann – passiert öfter mal. Denn wenn für viele der Abend gelaufen ist, geht es für ihn erst richtig los. Hörmann ist Busfahrer und am Wochenende unterwegs im HCR-Nachtexpress.
„NE 31“ steht in dieser Freitagnacht in gelben Leuchtbuchstaben über der Windschutzscheibe. Hörmann hat sich am Bussteig 4 in Stellung gebracht, kontrolliert die Fahrkarten der ersten Gäste, bespricht sich kurz mit den Kollegen. Drei Busse machen sich nun auf den Weg: nach Wanne, nach Baukau, nach Sodingen. Und zurück. Einmal die Stunde drehen sie ihre Runde, insgesamt vier Fahrten pro Linie, gegen 4.30 Uhr ist Feierabend. Jetzt ist es 0.45 Uhr.
„Um 1.22 Uhr sind wir zurück“, sagt Hörmann, zündet den Motor, dann geht’s los. Ein paar Plätze sind schon besetzt, alles ist ruhig. Ärger gibt es selten. „Es kommt schon mal vor“, sagt der Fahrer, „ist aber eher die Ausnahme.“ Um anzufügen: „Die meisten sind so wie ich: freundlich.“ Prompt steigt an der Kreuzkirche eine junge Frau ein, zeigt ihr Ticket vor, grüßt mit freundlichem „Guten Abend“. Martin Hörmann erwidert zufrieden – hat er doch gesagt.
Sollte doch mal etwas passieren, haben die Fahrer der Nachtbusse einen Begleiter mit an Bord, der für Ordnung sorgen kann. Denn in einem Punkt unterscheidet sich das Tages-Publikum doch von den Nachtschwärmern. Letztere waren vor der Fahrt oftmals feiern, manche haben zu tief ins Glas geschaut und die wenigsten sich nicht mehr im Griff. Die machen dann aber Ärger. Entweder unter den Fahrgästen oder sie legen sich gleich mit den Fahrern an. „Es wurden auch schon Kollegen bespuckt“, sagt Hörmann und lenkt den Bus um die nächste Kurve. Wer sich partout nicht benehmen will, fliegt raus. „Die haben das Recht auf die Heimfahrt verloren.“ Hausrecht hat er. Über den Stadtgarten geht es an der Akademie vorbei. Der einzige Kampf, der gerade ausgetragen wird, ist der zwischen Regen und Scheibenwischer.
An der Haltestelle „Ringstraße“ wartet ein sichtbar alkoholisierter Mann, eine Bierflasche in der Hand. Die darf nicht mit rein, er wollte aber auch nicht. Seine Freundin dafür – ohne Flasche. „Passen Sie gut auf die auf“, bittet er. „Machen wir“, kommt aus dem Bus zurück. Die Zugestiegene lässt sich auf einer der Bänke fallen. Wer hier heute Nacht mitfährt, will nur noch: ab ins Bett.
Seit 20 Jahren steuert Hörmann Busse durchs Ruhrgebiet, seit sechs Jahren für die HCR. Meist tagsüber, an den Wochenenden gerne nachts. Die Straßen sind leer, müde wird er auch nicht. Alles eine Frage der Gewöhnung. Kaffee trinkt er höchstens in den Pausen. Kurz vor Castrop-Rauxel geht es im Bogen nach Teutoburgia, nach Horsthausen, zur Roonstraße. Die Häuser fliegen jetzt vorbei, so kurz vor dem Bahnhof steigt niemand mehr ein. Bis auf zwei Plätze ist der Bus leer, die letzten Gäste werden entlassen, wo die ersten schon wieder warten: Bussteig 4. Martin Hörmann schließt die Tür von außen. „Ich gehe jetzt einen Cappuccino trinken“, sagt er und verschwindet. Bis zur nächsten Runde. Es ist 1.22 Uhr.