Herne. Der SPD-Vorstand hat in Berlin die Einführung einer Migrantenquote für Führungsgremien der Partei auf Bundesebene beschlossen. In Herne stößt diese Initiative auf Skepsis, aber auch auf Zustimmung.

1988 setzte die SPD trotz interner Widerstände eine Frauenquote von 40 Prozent für Parteiämter und Mandate durch. 23 Jahre später will der SPD-Vorstand auf Initiative des Vorsitzenden Sigmar Gabriel eine Migrantenquote von 15 Prozent für die Führungsgremien der Partei einführen. Doch an dieser Quote scheiden sich bei den Genossen die Geister - auch in Herne.

„Es ist richtig und wichtig, dass sich die SPD das Ziel setzt, mehr Migranten für die politische Arbeit zu gewinnen“, sagt Partei-Vize Michelle Müntefering. Auch in Herne gebe es trotz starker Bemühungen Handlungsbedarf: „Uns fehlen vor allem junge Migranten“, sagt sie. Ob eine Quote das richtige Instrument ist, lässt sie jedoch offen. SPD-Vorstandsmitglied Nurten Özcelik befürwortet dagegen die Migrantenquote - „auch wenn ich mir wünschen würde, dass sie nicht nötig wäre.“

2235 Mitglieder zählt die Herner SPD zurzeit. Wie viele Genossen nicht-deutscher Herkunft sind, konnte das Parteibüro auf Anfrage nicht beziffern. Der für Eickel und Bochum zuständige SPD-Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel aber sehr wohl: „Es müssten 200 bis 250 sein.“ Er habe bereits einmal eine Namensliste der Herner SPD auf den Migrantenanteil abgeklopft.

Der Vorstoß Gabriels sei inhaltlich richtig, sagt der 38-Jährige. „Als Volkspartei müssen wir ein Spiegelbild der Gesellschaft sein.“ Mit einer Migrantenquote von 15 Prozent wäre dieser Anspruch erfüllt. Aber: „Ich bin kein Anhänger der Quote.“ Bei Einführung eines solchen Instruments würde nicht mehr über Inhalte gesprochen. Und: „Die Fronten würden sich verhärten.“

Dem Herner SPD-Vorstand gehören mit dem Integrationsratsvorsitzenden Muzaffer Oruc und Nurten Özcelik zurzeit zwei „klassische“ Migranten an (siehe auch Bericht unten). Das entspricht einem Anteil von 11,7 Prozent, womit eine 15-Prozent-Quote nicht erfüllt wäre.

Oruc und Özeclik haben 2009 versucht, über die SPD-Reserveliste auch in den Rat einzuziehen. Sie „scheiterten“ am guten Ergebnis ihrer Partei: Die Liste zog bekanntlich nicht, weil die SPD alle Wahlkreise direkt gewann. Auch künftig hätte eine Quote wohl wenig Einfluss auf die Zusammensetzung der SPD-Ratsfraktion. Denn, so Parteichef Bollmann: „Die einzelnen Ortsvereine sind autonom bei der Kandidatenaufstellung. Da reden wir als Vorstand nicht rein.“ Und die SPD könne ja schließlich nicht absichtlich in einigen Wahlbezirken verlieren, damit die Liste mit Migranten zum Tragen kommt. MdB Bollmann ist sich aber wie auch Serdar Yüksel und Nurten Özcelik ganz sicher, dass einige Migranten nach der Kommunalwahl 2014 über erfolgreiche Kandidaturen in SPD-Ortsvereinen in den Herner Rat einziehen werden.

Übrigens: Umstritten ist nicht nur die Quote, sondern auch der Zeitpunkt der Initiative von Sigmar Gabriel. In der SPD ist der Vorwurf erhoben worden, dass der Parteivorsitzende damit auf sein Scheitern beim Parteiausschluss von Thilo Sarrazin reagiert habe. Diese Kritik sei unberechtigt, sagt Serdar Yüksel. Gabriel habe dieses Thema schon vorher besetzt. Für Michelle Müntefering kam der Vorstoß des Parteivorsitzenden dagegen „zu einem unglücklichen Zeitpunkt“.