Herne. Stadt und Jobcenter gehen in die Offensive: In allen Schulen und Kitas Hernes werden Flyer zum Bildungs- und Teilhabepaket verteilt. Bisher liegen rund 300 Anträge von Hartz-IV-Empfängern vor.

„Hart und heftig“ arbeiten Verwaltung und Jobcenter zurzeit an der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets, berichtet der städtische Koordinator Klaus Karassek. Die große (Antrags-)Welle steht aber offenbar noch bevor: Von rund 8000 in Herne berechtigten Kindern und Jugendlichen liegen erst knapp 300 Anträge auf Leistungen aus dieser Hartz-IV-Reform vor.

Das könnte sich schnell ändern, denn: Die Verantwortlichen haben eine Informationsoffensive gestartet. Bis zu den Osterferien sollen 21 000 Flyer in den Schulen und 5000 Flyer in den Kitas verteilt werden. Außerdem liegen im Sozialamt und Jobcenter tausende Info-Blätter aus. Für einige Herner könnten diese Handreichung bares Geld bedeuten, denn: Die Frist für die rückwirkende Erstattung von zwischen dem 1. Januar und 31. März erbrachten Leistungen endet für Hartz-IV-Empfänger am 30. April (siehe Bericht unten).

Ist die bisherige Passivität bei der Antragstellung auf Unkenntnis oder gar Desinteresse der Eltern zurückzuführen? Weder noch, meint Jobcenter-Chef Hans-Peter Heckmann und spricht ein Lob für „kluges Handeln“ aus: „Es ist positiv, dass keiner in Hektik ausgebrochen ist und panikartig Anträge gestellt hat.“ Das Gesetz sei ja erst seit dem 30. März in Kraft.

Heute, zwei Wochen später, sei man in der eingerichteten Arbeitsgruppe noch immer bemüht, Licht ins Dunkel zu bringen, bekennt Klaus Karassek. Zum Aufbau des „Verwaltungsgerüstes über der politischen Entscheidung“ -- Sozialdezernent Nowak sprach von einem „bürokratischen Monster“ -- seien noch viele Anstrengungen nötig. „Wir sammeln von Tag zu Tag mehr Erfahrungen“, so Karassek.

Einige Weichen konnten bereits gestellt werden: So hat sich die Stadt mit den Kitas auf eine Pauschalierung der Kosten fürs Mittagessen geeinigt. Für den Bereich Sport würde die Stadt gerne mit dem Stadtsportbund für alle Vereine abrechnen. Viele offene Fragen gibt es beispielsweise beim Verfahren in der Lernförderung (Nachhilfe), die im Falle einer Gefährdung der Versetzung gewährt wird.

Stadt und Jobcenter gehen davon aus, dass unterm Strich rund die Hälfte aller Berechtigten tatsächlich Leistungen aus dem Bildungspaket in Anspruch nimmt. Da es sich um eine reine Schätzung handelt und es keinerlei Erfahrungswerte gibt, wagt die Stadt bisher keine Prognose über die Gesamtausgaben. Zur Gegenfinanzierung hat der Bund ein komplexes Verfahren entwickelt, das eine Erhöhung der Beteiligung bei den Kosten der Unterkunft von Hartz-IV-Empfängern sowie bis 2014 die komplette Übernahme der bisherigen städtischen Aufgabe „Grundsicherung im Alter“ beinhaltet. 2010 musste Herne für die Grundsicherung rund 8,5 Mio Euro aufbringen.