Herne. .

Für nette Anekdötchen, feinsinnige Unterschwelligkeiten und formschöne Belanglosigkeiten hat der Mann keine Zeit. Volker Pispers interessiert der Kern allen Übels. Systemkritik ist sein Geschäft. Und der Kapitalismus ist Schuld. An allem. Na ja, zumindest an allem Schlechten. Pispers skizziert die deutsche Gesellschaft als System von Unterdrückten und Unterdrückern, als Dauerschleife von Maßlosigkeit auf der einen und Verarmung auf der anderen Seite. Ein System der Ausbeutung, angetrieben von Habgier und Gewissenlosigkeit, basierend auf dem Prinzip „nach oben buckeln und nach unten treten“ und begünstigt durch politische und mediale Augenwischerei und „Volksverarschung“:

Die Schuldigen sind schnell ausgemacht, es sind die Großkapitaleigner und Spekulanten, es sind die Politiker quer durch alle Parteien (aber am liebsten Westerwelle), es sind die Medien (aber am liebsten die BILD) und die übrigen „Vollpfosten“ der Republik (aber am liebsten Sarrazin). Der Zins regiert die Welt und damit es die, die es noch nicht wissen, lernen und die, die es längst wissen, auch bloß nicht vergessen, klärt Pispers unermüdlich auf. Immer macht er das unmissverständlich und rustikal, manchmal auch so plakativ, dass die Grenze zur propagandistischen Parole nur noch eine ausgestreckte Faust entfernt zu sein scheint.

Doch während sich Pispers gesellschaftspolitisch auf die Seite der Verlierer der Zwei-Klassen-Gesellschaft stellt, ist er als Künstler Teil der Kabarett-Elite. Er erklärt er mit der Souveränität eines Sowi-Lehrers anhand eindrucksvoller Zahlenspiele die Grundbegriffe der Staatskunde wie die umlagefinanzierte Rente oder spitzt Aussagen mittels smart gezeichneter Bilder zu: Weil die Riesterrente später nicht reichen wird, futtern sich die Kinder jetzt schon mal dick.

Pispers Rhetorik funktioniert, seine Betrachtungen sind so klug wie unterhaltsam. Sein Programm arrangiert er professionell mit aktuellen Bezügen um zeitlose Standards herum. Im Übrigen sollte außer Volker Pispers niemand, niemand sonst!, jemals wieder Angela Merkel parodieren. Wie er die Hände zum Dreieck formt, die Schultern hochzieht, den Kopf neigt und neckisch „Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden“ lispelt, ist schlicht einmalig!