Herne. .
Es ist noch gar nicht so lange her, dass Handys als gesundheitsgefährdend eingestuft wurden. Nun kippen die Herner Hospitäler das Telefontabu: Fast überall in den Kliniken dürfen Patienten das Handy nutzen.
„Bei uns darf mittlerweile telefoniert werden“, sagt Volker Martin, Öffentlichkeitsarbeiter am Herner Marienhospital, allerdings „mit wenigen Ausnahmen“. Früher war das anders. Handys auf der Station, das war wie das Tragen eines BVB-Schals in der Schalker Nordkurve – schlicht undenkbar. Doch warum der Sinneswandel bei den Verantwortlichen?
Studien, die sich der Schädlichkeit von Handystrahlung widmen, widersprechen sich teils. Es gibt Untersuchungen, die den Mobiltelefonen Unbedenklichkeit attestieren, aber auch Studien, die das Gegenteil herausgefunden haben wollen. Siemens Healthcare ist nach eigenen Angaben „weltweit einer der größten Anbieter im Gesundheitswesen“, auch viele Herner Krankenhäuser verwenden Geräte des Erlanger Unternehmens. Auf WAZ-Anfrage teilt der Konzern schriftlich mit: „Für Geräte und Systeme von Siemens Healthcare (...) sind uns bisher keine Störfälle“, verursacht von Handys, bekannt. Zwar schränkt die Firma ein: „Aufgrund der Vielzahl von umwelt- und handhabungsbedingten Einflussgrößen sind jedoch Beeinflussungen im extremen Nahbereich nicht vollständig auszuschließen.“ Das Fazit indes ist eindeutig: „Als ein pragmatischer Ansatz gehen wir davon aus, dass auf Fluren und nicht intensivmedizinisch genutzten Räumen die Mobilfunknutzung nicht tabuisiert werden muss.“
Die Hospitäler folgen solchen Empfehlungen. Am EvK mit seinen beiden Standorten an Wiescher- und Hordeler Straße etwa hängen zwar noch Verbotsschilder in der Cafeteria. Aber nur deswegen, weil sich manche Patienten von fernmündlichem Gequatsche bei Kaffee und Kuchen gestört fühlen.
„Kritisch ist es nur in den Intensivbereichen“, sagt Verwaltungsdirektor Werner Karnik. Die High-Tech-Geräte dort könnten eventuell doch beeinflusst werden. Auch Marienhospital und St. Vincenz Gruppe Ruhr, zu der unter anderem das St.-Anna-Hospital gehört, verbieten Mobiltelefone nur etwa im OP- und im Dialysebereich.
Für die Krankenhäuser hat diese Enttabuisierung durchaus wirtschaftliche Nachteile: Die Festnetzanschlüsse, die sie den Patienten auf Wunsch und gegen Gebühren zur Verfügung stellen, werden immer weniger genutzt. Die St. Vincenz Gruppe spielt schon mit dem Gedanken, ihre Telefone ganz abzuschaffen und den wenigen Patienten ohne eigenen „Handklönkasten“ ein Handy zu leihen. Geschäftsführer Theo Freitag: „Das könnte uns Geld sparen. Die Festnetzapparate müssen schließlich regelmäßig gewartet werden.“