Herne. .
Eigentlich gibt es ihn nicht mehr, den Saisonschlussverkauf. Seit dem Juli 2004 müssen Einzelhändler sich nicht mehr an die beiden festen Zeitspannen am Ende einer Saison halten, um reduzierte Ware anbieten zu dürfen.
Aber trotzdem locken die Geschäfte auf der Bahnhofstraße dieser Tage verstärkt mit reduzierter Bekleidung und Schuhen. Wohin man sich auch wendet, in fast jedem Schaufenster findet man Prozentzeichen. Die berühmten vier Buchstaben „S-A-L-E“ sind allgegenwärtig.
Hat sich seit der Abschaffung des Winter- und Sommerschlussverkaufs für den Einzelhandel überhaupt etwas geändert?
„Wir reduzieren eigentlich durchgehend“, erklärt Katharina Schönherr, Filialleiterin des „Schuh House“ an der Bahnhofstraße. Im Schaufenster des Schuhgeschäfts locken neongelbe Zettel. „65 % auf Einzelware“ und „reduziert“ heißt es da. „Seit rund zwei Wochen haben wir die Winterware reduziert“, erklärt Katharina Schönherr, die Filialleiterin. „Die gefütterten Schuhe müssen einfach raus“, erklärt sie weiter. Außerdem werde es auch gut von den Kunden angenommen. „Eigentlich sind die Kunden schon eingedeckt, die reduzierte Ware zieht sie dann aber doch noch mal in den Laden“, sagt die 25-Jährige.
Ein paar Häuser weiter, bei Ulla Popken, hängen überall im Schaufenster rote Schilder aus „30 % auf bereits reduzierte Ware“. „Es ist nicht mehr so, wie es früher war“, erzählt Gabriele Schneider, Angestellte der Filiale. „Gerade im Januar wird bei uns wenig gekauft.“ Sie schreibt den vergangenen Feiertagen und dem langen Monat diesen Umstand zu. Aber seit letzter Woche sei es dann doch wieder etwas voller geworden.
Seit nämlich die roten Schilder ins Schaufenster eingezogen sind. „Abräumwochen“ nennt sich die Aktion. „Das ist sozusagen unser Winterschlussverkauf“, erklärt Roswitha Hüser, ebenfalls Angestellte. „Einige Stammkunden rufen wir extra an, wenn wir reduziert haben“, erzählt sie weiter.
Bei Schlatholt läuft seit rund drei Wochen die „20 Prozent auf alles“-Aktion. „Das wird auf jeden Fall von den Kunden angenommen“, sagt Andrea Fleckner, Filialleitervertreterin. Es seien schon viele Kunden, die aufgrund der reduzierten Ware in den Laden kämen. „Gerade erst hatte ich wieder so einen Fall“, sagt die 39-Jährige. Ein Paar Stiefel, das vorher noch 190 Euro gekostet hat und schon auf 90 Euro reduziert wurde, sei aufgrund der Aktion für 63 Euro verkauft worden.
„Man muss mit den Wölfen heulen“, sagt Jürgen Liedtke. Der 59-Jährige ist seit 43 Jahren Angestellter beim Herrenausstatter „Tümmers“ an der Hauptstraße in Wanne Eickel. „Die Leute haben nur noch Prozentzeichen in den Augen, es macht einfach keinen Spaß mehr“, erzählt er weiter. Er vermisst die Zeiten des Saisonschlussverkaufs. „Der Schlussverkauf wurde von den Kunden erwartet“, erklärt Liedtke. Heute wüssten die Kunden reduzierte Ware gar nicht mehr richtig zu schätzen, weil sie das ganze Jahr über vorhanden sei. Auch hier hat man reduziert. 20 Prozent auf Winterware, einzelne Teile sind noch günstiger.
Bei Kindermoden Fronz an der Bielefelder Straße steht momentan ein Tisch mit auf 5 Euro reduzierten Oberteilen. „Wie wollen Sie die Ware sonst los werden?“ fragt die Inhaberin Heike Fronz. Allerdings: „Wenn man zu stark reduziert, macht man den Markt kaputt.“
„Der Textilbereich hat noch sehr viel mit dem Saisonschlussverkauf zu tun“, sagt Elisabeth Röttsches, Vorsitzende des Einzelhandelsverbands Ruhr-Lippe. In anderen Bereichen werde hingegen erst dann reduziert, wenn neue Ware reinkommt. Was sie von der Abschaffung des Saisonschlussverkaufs halte? „Ich find das gut, dass jedes Unternehmen das jetzt selbst steuern kann.“