Viele Leute stehen um mich herum und bewundern meine Karosserie. Ich bin ein heißer Feger, obwohl ich mit meinen 35 Jahren schon als Oldtimer gelte.

Gestatten, mein Name ist Lenny, ich bin ein Ford Lincoln Continental, Mark IV, versteht sich. Ein seltenes Exemplar. Hellgelb strahlt mein Gewand, die Chromleisten glänzen in der Sonne. „Ein wahrer Schatz”, sagen meine Besitzer Martin und Claudia Leimann, die mich seit sieben Jahren hegen und pflegen.

Gestern sind sie mit mir zum Industriemuseum Zeche Hannover gefahren. Dort haben wir über 200 andere Oldtimer getroffen. Zum 8. Treffen der „Herner Oldies” begrüßte uns ein rot-cremefarbener Ford Eifel aus dem Jahr 1938. Ein paar sehr alte Fahrzeuge aus den 1920er Jahren waren auch dabei, die Mehrheit aber stammt aus den 60er und 70er Jahren, VW Käfer, Opel Ascona und Kadett, BMW Isetta, Fiat 500 und ein Trabant. Ich bin also schon eher eines der jüngeren Modelle, aber natürlich auch ein absolutes Highlight. Neben mir sorgte auch der historische Eiswagen aus dem Jahr 1972 für Aufsehen. Eisverkäufer Michael Boch verteilte seine Hörnchen aus einem cremefarbenen Fiat mit orangefarbenem Aufbau heraus. „Bei so vielen Oldtimern kommen junge Gefühle hoch”, sagt der 49-Jährige, der bewusst mit dem älteren Verkaufswagen hierher kam. Neben ihm steht ein Ruhrgebiets-Schatz: Eine BMW Isetta in Blau-Weiß, mit Schalke-Logo auf der Haube.

Manche nennen mich als Lincoln halb abfällig und halb bewundernd einen „Ami-Schlitten”. Aber gerade wir Amis waren und sind als Vorbilder beliebt: Viele Besucher, die an uns vorbeischlendern, erinnern sich an ihre Jugend. „Ach, so einen hatten wir doch” oder „mein erster Freund hat mich auch mit einer Haifischschnauze abgeholt”, höre ich die ganze Zeit.

Veranstalter Wolfgang Bruch von den Herner Oldies ist selbst erstaunt: „Was es alles für Schätzchen in Herner Garagen gibt!”

Sonst sieht man uns ja kaum! Die 1976er Ente „Dolly” neben mir sieht auch nicht aus, als ob sie oft aus der Garage gelassen würde. Kein bisschen Rost an der rot-cremefarbigen Karosserie. Mit mir fahren Martin und Claudia Leimann nur am Wochenende spazieren – oder in den Urlaub, wenn sie einen alten Tabbert-Wohnwagen an mich hängen. Martin sagt schmunzelnd: „Wenn man mit Lenny über eine Bodenwelle fährt, wippt er dreimal nach.” So sind meine Stoßdämpfer eben, ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste. Aber mein Besitzer schätzt mich trotzdem – wegen meiner Luxusausstattung. „Ich liebe das amerikanische Flair und das herumcruisen”, gesteht er.

ONLINE Dazu Fotostrecke auf DerWesten.de/herne