Herne. .

Ist die Wirtschaftskrise bald passé? Oder ist der Aufschwung nur ein laues Lüftchen? Kurz: Was bringt das neue Jahr der Wirtschaft vor Ort? IG Metall und IHK schauen nach vorn.

„Ich habe so einen Spruch: Der große Aufschwung fährt über die A 42 durch das Ruhrgebiet, aber die Abfahrten nach Herne sind leider gesperrt“, sagt Eva Kerkemeier von der IG Metall. Besonders die metallverarbeitende Industrie werde in Teilen weiter unter der Krise leiden. Schwing, größtes metallverarbeitendes Unternehmen der Stadt, hat seit 2008 rund 300 Mitarbeiter abbauen müssen. „Denen geht’s noch lange nicht gut. Von den rund 800 Mitarbeitern arbeiten weiterhin 50 bis 60 Prozent in Kurzarbeit“, so die Erste Bevollmächtigte.

Die großen Sorgenkinder der IG Metall unterliegen einer deutlichen Abhängigkeit von anderen Branchen. Etwa von der Baubranche. Betonpumpen, wie sie Schwing herstellt, werden für Großprojekte gebraucht. Genau das sei das Problem: „Spanien, Irland, England als Importländer sind tot. Dort stehen Ruinen, die nicht weitergebaut werden. Hier wird sich die Lage erst bessern, wenn sich die internationalen Finanzmärkte beruhigen“, meint die IG Metall-Chefin.

Der ernsten Lage ist sich auch Tillmann Neinhaus, bis Ende Dezember IHK-Hauptgeschäftsführer und nun Mitglied der Hauptgeschäftsführung, bewusst: „Schwing und seine Mitarbeiter erleben schwierige Zeiten. Wir hoffen, dass sie die Durststrecke überstehen können“.

Ähnlich schwierig stelle sich die Situation von Vulkan Kupplungs- und Getriebebau dar, das in Herne mehrere hundert Mitarbeiter beschäftigt. Grund: Das Unternehmen sei stark abhängig von der Werftindustrie. „Und der geht es noch nicht viel besser“, berichtet Kerkemeier. Auch hier heiße das Zauberwort weiterhin Kurzarbeit. Alle anderen metallverarbeitenden Industrie-Betriebe in Herne kämen „einigermaßen gut durch die Krise“.

Für den ehemaligen Kammer-Chef Neinhaus spielt der Maschinenbau – mit Ausnahme von Unternehmen wie Schwing, das von Spezialmärkten abhängig sind – gar eine besondere Rolle in der Herner Wirtschaft: „Die Inlandsnachfrage hat zugenommen in der zweiten Jahreshälfte 2010. Die Unternehmen verzeichnen Zuwachsraten im zweistelligen Bereich.“

Insgesamt habe sich die wirtschaftliche Entwicklung seit Oktober auch in anderen Bereichen positiv fortgesetzt: Der Verbraucher habe Vertrauen gefasst, er kaufe wieder: „Der Handel kann sich über ein vernünftiges Weihnachtsgeschäft freuen.“

Relativ stabil zeichnet sich laut Kerkemeier auch die Situation im metallverarbeitenden Handwerk ab: etwa im Kfz-Bereich. Dort habe etwa die Abwrackprämie laut Neinhaus keinen erkennbaren Negativtrend bei den Absätzen nach sich gezogen.

Allerdings gebe es auch erhebliche Wermutstropfen: etwa die erhöhte Gewerbesteuer (die WAZ berichtete). „Besonders leiden Gewerbetreibende, die hohe Pachten und Mieten zu tragen haben. Die Kosten werden nun als Gewinne angerechnet“, so Neinhaus. Der zweite Wermutstropfen bleibt das Hertie-Haus. Neinhaus hofft darauf, dass sich ein Investor findet, der es wieder „zu einem positivem Markierungspunkt im Stadtbild“ macht.