Herne. .
Es ist ein übler Trugschluss, zu glauben, man müsse sich um schwer kranke, demente Menschen nicht mehr besonders kümmern, weil sie sowieso nichts mehr mitbekämen – darauf weist der Prof. Alexander Sturm mit Nachdruck hin.
Der ehemalige Chefarzt des Marienhospitals setzte in seiner Funktion als Vorsitzender des „Förderverein Lukas Hospiz“ seine Unterschrift unter einen Vertrag, der die Zusammenarbeit seiner Organisation mit dem „Förderverein des Ambulanten Hospiz- und Palliativdienstes (AHPD)“ zugunsten schwerstkranker Dementer in den letzten Monaten ihres Lebens regelt. Für der AHPD-Förderverein unterzeichnete dessen Vorsitzender, Pastor Walter Tschirch.
„Seit 13 Jahren schon gibt es am Evangelischen Krankenhaus Herne den Ambulanten Hospiz- und Palliativdienst, und bereits fünf Jahre zuvor wurde die Palliativstation gegründet“, konstatierte Walter Tschirch und erläuterte, dass sich der AHPD zurzeit mit drei hauptamtlichen Koordinatorinnen und etwa 40 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Begleitung schwerstkranker und sterbender Menschen widmet. Tschirch: „Hinzu kommt der Schwerpunkt, dass wir den Angehörigen der Kranken Hilfe anbieten, sie entlasten und unterstützen. Und eben jetzt als neuer zusätzlicher Schwerpunkt die Begleitung von Menschen mit Demenz in ihrer Lebensphase des Sterbens.“
Den aktuellen Anlass, sich speziell auch dementen Sterbenden zu widmen und diese Zusammenarbeit und Vorgehensweise vertraglich unter den beiden Fördervereinen zu regeln, nennt Alexander Sturm: „Es gibt neue wissenschaftliche Erkenntnisse von Neuroinformatikern, die belegen, dass Demente auch in ihrer letzten Phase noch weit mehr empfinden – Schmerzen etwa – und auch mehr denken können, als wir bisher angenommen haben. Das ist bei Untersuchungen in der Simulationsröhre mittels der Magnet-Resonanz-Tomografie nachgewiesen worden.“
Sturm berichtet, dass eine schwerst demente Patientin, von der man bis dahin geglaubt hatte, sie würde auf nichts mehr eine Reaktion zeigen, in dem Augenblick, als man ihr ein Marienbild zeigte, spontan ein Ave Maria gebetet habe.
„Wir müssen verstärkt, sensibler und vor allem mit den nötigen Kenntnissen auf diese Patienten zugehen“, so Alexander Sturm.
Deshalb ist auch die Aus- und Weiterbildung von AHPD-Mitarbeiterinnen in dieser Richtung ein wesentlicher Bestandteil des Kooperationsvertrages.
Und obwohl er erst jetzt unterschrieben wurde, steckt Annegret Müller, eine der drei AHPD-Koordinatorinnen, bereits mitten in der Ausbildung, an deren Ende die Qualifikation als Diplomfachfrau für Gerontopsychiatrische Pflege und Betreuung steht. Natürlich wird die AHPD-Hauptamtliche ihr fundiertes Spezialwissen nicht für sich behalten, sondern es als Multiplikatorin an ihre Kolleginnen und Kollegen weitergeben.
Annegret Müller: „Die Begleitung von sterbenden Dementen hat stark zugenommen, die Nachfrage ist enorm. Seit man in den Altenheimen davon gehört hat, dass wir uns nun auch diesem speziellen Schwerpunkt im Rahmen unseres Hospiz- und Palliativdienstes widmen, können wir uns vor Anfragen kaum retten.“
Und Alexander Sturm fügt abschließend hinzu, dass die spezielle Hinwendung, Ausrichtung und Ausbildung in Richtung Sterbebegleitung von dementen Menschen bislang weit und breit ihresgleichen sucht: „Wir hoffen, dass wir durch unsere Initiative für Deutschland ein Signal geben können.“