Herne. .
Das erste Internationale Zirkustheater-Festival Deutschlands, „Cirq’ouleur“, ging am Samstag in Herne zu Ende. Ein doppelt fesselndes Finale.
Ritsch, ritsch, ritsch – nur das leise, gleichmäßige Geräusch des sich drehenden Diabolos ist zu hören. Die Zuschauer im Theatersaal der Flottmann-Hallen sind mucksmäuschenstill. Im schummerigen Licht steht das Schweizer Duo Tr’espace auf der Bühne. Die beiden Artisten Petronella v. Zerboni und Roman Müller präsentieren ihre Diabolonummer „Duett Tr’espace“.
Ihre Darbietung ist die erste von zwei eindrucksvollen Vorstellungen, die am Samstagabend in den Flottmann-Hallen zu sehen waren. Im Anschluss an das Schweizer Duo zeigten die Finnen Ville Walo und Kalle Hakkarainen ihr Programm „Odotustila – Waiting Room“. Mit dieser Doppelvorstellung ging das erste Internationale Festival für Zirkustheater „Cirq’ouleur“ zu Ende.
Das Duo Tr’espace begeistert sein Publikum mit einer Mischung aus Jonglage und Tanz. Mal verzaubern die Artisten durch langsame Elemente und zarte Poesie, dann gewinnt ihre Choreografie an Geschwindigkeit und die Bewegungen werden immer rasanter. Voll Energie rennen die Darsteller über die Bühne, jagen und umkreisen sich. Der Diabolo-Doppelkegel schleudert durch die Luft, so schnell, dass der Blick kaum folgen kann. Der Körper des einen wird zum Hindernis, der andere muss über ihn springen. Petronella v. Zerboni und Roman Müller spielen sich die Diabolos wie zufällig zu.
Gleichzeitig setzen sie ihre Diabolo-Stöcke als Element der Choreografie ein. Surrend schleudern sie sie durch die Luft, weichen ihnen mit exakten Bewegungen aus. Ein falscher Schritt würde einen Peitschenhieb von der Diabolo-Schnur bedeuten.
Nicht weniger fesselnd sind die poetischen Momente: Diabolo-Halbkugeln kullern in großen und kleinen Kreisen über den Boden. Rechts herum, links herum – wie bei eine Tanzformation entstehen bei der Jonglage am Boden Formen und Bilder. Zum Abschluss der Vorstellung rieselt Müller Sägemehl in ein rotierendes Diabolo – eine Sägemehlfontäne wie ein Feuerwerk entsteht.
Nach einer kurzen Pause und dem Umzug in den zweiten Theatersaal der Flottmann-Hallen geht es mit der Darbietung von Ville Walos und Kalle Hakkarainens „Odotustila“ weiter. Odotustila ist das finnische Wort für Warteraum – und genau dorthin entführen die Artisten ihre Zuschauer: in den Warteraum einer Bahnhofsstation.
In ihre Jonglage-Performance lassen sie Videoinstallationen einfließen. Die Bilder zeigen eine Bahnhofshalle, fahrende Züge, Augen, die das Geschehen am Bahnhof um sie herum beobachten.
Sie jonglieren mit Bällen und Schuhen, präsentieren ein unglaubliches Fingerspiel. Die Filmbilder suchen sich ihre Projektionsflächen. Ein Koffer, eine Jacke, große Luftballons – alles kann zur Leinwand werden.
Das Faszination ihrer Show beruht nicht allein auf der Jonglage mit Bällen, Kegeln oder Quadraten. Walo und Hakkarainen jonglieren mit Zeit und Raum. Sie lassen die Grenze verschwimmen zwischen Schein und Realität, zwischen dem, was nur auf die Leinwand projiziert wird und dem, was auf der Bühne existiert. Die Jonglage-Darbietung wird zur Zaubervorstellung voll Magie und Illusion.