Auf dem Weg durch das Revier machte der Melez-Zug auch in Herne Halt - und traf hier auf das „Urban Street Art Festival Pottporus“.

Ritsch – Klebeband entrollt. Streifen auf dem glatten Untergrund der S-Bahn-Außenwand festgedrückt. Ratsch – Klebebandstreifen von der Rolle gerissen. Weiter mit dem nächsten Streifen. Akkurat parallel zueinander klebt der australische Künstler Buff Diss immer fünf Streifen nebeneinander. Am einen Ende des Salonwagens beginnt er. Immer weiter arbeitet er sich vor. In unterschiedlichen Winkeln treffen nach etwas mehr als 40 Minuten über 300 Klebeband-Streifen aufeinander. Etwa 20 Rollen hat Buff Diss verbraucht. Sein Graffiti ähnliches Kunstwerk prangt jetzt auf der Außenwand des Melez-Waggons.

Waghalsige Drehungen

Im Rahmen des Ruhr 2010-Projekts „Melez – Festival der Kulturen“ startete der Melez-Zug am Freitagabend zu einer Rundfahrt vom Herner Bahnhof. Bevor es losging, hielt er für anderthalb Stunden an Gleis 7. Unter dem Motto „Melez goes Street Art“ widmete Melez den Freitag in Zusammenarbeit mit dem sechsten „Urban Street Art Festival Pottporus“ der Bandbreite der Straßenkultur.

Während des Zug-Aufenthalts am Herner Bahnhof konnten Besucher live die Umgestaltung eines S-Bahn-Waggons verfolgen. Allerdings: Obwohl Melez als Kulturhauptstadt-Großereignis angekündigt war, war in Herne davon nicht viel zu spüren. Nur einige wenige Besucher kamen bis zum Gleis und schlenderten durch die Waggons. Laut Melez-Sprecherin soll die Fahrt aber so gut wie ausverkauft gewesen sein.

Deutlich mehr Leute sammelten sich währenddessen im Bahnhofsfoyer. Vor der Bühne des „Urban Street Art Festivals Pottporus“ präsentierten die jungen „Renegade“-Breakdancer athletische, akrobatische, teils waghalsige Schritte und Drehungen auf dem kalten Boden der Bahnhofshalle. Nachdem sich die Gruppe warmgetanzt hatte, schaffte sie es, mit den Auszügen aus ihrem Programm „Squat“ das Publikum zu begeistern und ein wenig auftauen zu lassen. Auch die Ausstellung im Alten Wartesaal „In_Fusion #3“ funktionierte als Zuschauermagnet.

Plattform für Sprayer

Von den anderen angekündigten Aktivitäten, die ab 18 Uhr die Innenstadt durchziehen sollten, war indes kaum etwas zu sehen. Lediglich unter der Bahnbrücke am Ende der Fußgängerzone bearbeiteten Sprayer eine Mauer aus Spanplatten, die ihnen als Plattform für ihre Kunst zur Verfügung gestellt wurde. Zuschauer? Fehlanzeige. Nur vereinzelt blieben Passanten kurz stehen. Ein weiteres bereits fertig gestelltes Werk des Tape-Künstlers Buff Diss konnte in der U-Bahn-Station „Herne Bahnhof“ begutachtet werden. Für eine weitere Arbeit an der Haltestelle „Archäologiemuseum/Kreuzkirche“ hatte der Künstler keine Genehmigung bekommen. Besucher, die ab 18 Uhr Aktionen von Graffiti Artists, Break-Dancern, MCs und VJs in der Fußgängerzone sehen wollten, wurden zum großen Teil enttäuscht. Wer Glück hatte, konnte Straßenkünstlern über die Schulter schauen, als sie Stromkästen in der City gestalteten.