Herne. .

Die Verlängerung der Atomkraftwerks-Laufzeiten macht den Herner Strom langfristig eher teurer als günstiger. Das sagt Stadtwerke-Sprecherin Angelika Kur­zawa auf Nachfrage. Sie kritisiert „Die Laufzeitverlängerung festigt das Monopol der Großen.“

Etwa 80 Prozent des Stromes kaufen die Stadtwerke über Zwischenhändler vom Energieriesen RWE ein. Die Stadtwerke selbst hatten das nahende Aus für den Atomstrom zum Anlass genommen, neue Quellen anzuzapfen. Sie beteiligten sich an verschiedenen Kraftwerksneubauten: Gas in Hamm, Kohle in Lünen, Windkraft vor Borkum und weitere kleine regenerative Projekte über den Verbund Green Gecco. Mit 30,4 Prozent liegt der Ökostromanteil nach eigenen Angaben sogar deutlich über dem in der restlichen Republik. Angelika Kur­zawa formuliert es deutlich: „Die Planungsgrundlage wird uns unterm Hintern weggezogen.“

„Die eigentlichen Verlierer sind Kohle- und Gaskraft“, sagt Kurzawa. Es werde einen Innovationsstau beim Kraftwerksneubau geben. Das sei schlecht, weil Deutschland die technische Marktführerschaft verliere, aber auch weil’s teurer sei. Bekannt ist: Alte Kraftwerke mit geringerem Wirkungsgrad stoßen mehr Abgase aus. Die Erlaubnis muss sich der Betreiber teuer über Emissionsrechte erkaufen.

Die Stadtwerke fürchten auch, dass die Brennelementesteuer auf die Verkaufspreise durchschlagen wird. Ganz sicher werde sich im nächsten Jahr der Aufschlag für erneuerbare Energien erhöhen. Da kündigten die vier Energieriesen gestern an, dass der Preis von 2,047 Cent je Kilowattstunde auf 3,53 Cent steigen wird. Was das für den Herner Kunden bedeute, stehe aber noch nicht fest.

Gegen Atomkraftwerke und deren verlängerte Laufzeiten zogen gestern auch die Grünen auf die Straße – mit gleicher Optik wie in den 1980er Jahren (Atomfässer und AKW-Modell), aber mit neuen Argumenten: „Die Stadtwerke Herne haben massiv investiert“, sagt der Grünen-Landesvorsitzende Sven Lehmann. Der Weg zurück verhindere jegliche Innovation. „Atomstrom verstopft das Netz.“

Die Grünen gingen mit Infomaterial und selbst gebauten Atomkraftwerken aus Schokoküssen und Keksen auf die Passanten zu. Die nahmen auch das Infomaterial offen an: „Ich glaube nicht, dass das neue Gesetz lange Bestand hat“, sagt die 39-jährige Angelika Brauer. „Die Bundesregierung hat sich damit selbst abgewählt.“ Andere interessieren sich eher für Luftballons.

Pascal Krüger von den Herner Grünen sieht sich mit seinen 24 Jahren selbst als ein Vertreter der „zweiten Generation, die anders ‘rangeht“. Die ebenfalls 24 Jahre alte Mitstreiterin Lina Benthaus erinnert da an alte Argumente: „Atomkraft ist sehr unsicher.“ Sie verweist auf die Störfälle im AKW Krümmel. „Das sollte jedem zu denken geben.“