Herne. .

4100 Mitglieder zählt der Stadtverband der Gartenfreunde Herne-Wanne. Die verteilen sich auf 40 Kleingartenanlagen. Und obwohl die Zahlen stabil sind, plagen den Verein Sorgen, hauptsächlich finanzieller Natur. Mit dem Vorsitzenden Dieter Claar sprach WAZ-Mitarbeiter ­Tobias Mühlenschulte.

Wo drückt der Schuh bei Ihnen und den Kleingärtnern?

Dieter Claar: Das Kleingartenwesen zeigt erste Auflösungserscheinungen. Zwar sind unsere Mitgliederzahlen zum Glück konstant, aber uns plagen andere Sorgen. Das betrifft unterschiedliche Bereiche.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel bemerken wir eine starke Verweigerung in allen Mitgliedsbereichen für die Übernahme eines Vorstandsamtes. Unsere personelle Situation ist schwierig. Das führt ganz unweigerlich zu Verwaltungsschwierigkeiten.

Können Sie sich vorstellen, warum das so ist?

Unsere Gesellschaft hat sich gewandelt. Sie ist egoistisch geworden. Der große Spruch ist: ,Was springt für mich dabei heraus?’. Die Bereitschaft, ein Ehrenamt ohne große Entlohnung zu übernehmen, ist nicht mehr da.

Apropos Geld - Wie teuer ist so eine Kleingarten-Parzelle?

Da kommen wir zum nächsten Problem. So ein Schrebergarten ist etwas für den kleinen Mann. Der kann wegen ständig steigender Preise den Unterhalt seiner Familie schon kaum noch bezahlen. Wie soll er da noch Geld für eine Laube haben? Die Bewirtschaftung kostet im Jahr rund 670 Euro.

Und wieviel Geld muss man für den Neuerwerb einer Laube hinblättern?

Zwischen 3000 und 5000 Euro für ein Grundstück und ein Häuschen, die eigentlich 10 000 Euro wert wären. Aber selbst solche „Sonderangebote“ können sich die meisten interessierten Familien nicht leisten.

Interessieren sich Familien mit Migrationshintergrund auch für Kleingärten?

Und ob. Aber Kleingärtner sind konservativ, das ist ja kein Geheimnis. Ich habe auch schon erlebt, dass Leute ihre Ämter niederlegen wollten, als Türken, Marokkaner oder Russen in ihre Anlage wollten. Aber das ist lange her. Wir leben nun mal in einer multikulturellen Gesellschaft und an Integration führt kein Weg vorbei. In einigen Anlagen liegt der Migranten-Anteil schon bei 20 Prozent. Wir haben aber Schwierigkeiten, eine Harmonisierung herbeizuführen. Von einem Miteinander kann man noch nicht sprechen. Aber das ist ein gleitender Prozess - das wird schon.

Warum sind Sie eigentlich Kleingärtner?

Bei mir war es Vererbung. Mein Vater hatte schon eine Kleingarten-Parzelle und war Schriftführer beim Stadtverband. Als mein Vater kurz nach dem Krieg verstarb, sorgten meine Mutter und ich alleine weiter für den Garten. Aber 1947 haben wir ihn dann doch abgegeben. 1968, im Alter von 35 Jahren, bin ich selber Kleingärtner geworden. Meine innere Uhr und die Rückbesinnung haben mich zurückgeführt. Und die Liebe zur Pflanze natürlich.

Hat sich das Kleingartenwesen verändert?

Damals waren die Gärten noch umworbener. Die Kriege mit ihrer Lebensmittelknappheit haben sie wertvoll gemacht. Mit wachsendem Wohlstand sind die Äpfel dann wieder auf dem Markt gekauft worden. Ich persönlich bezeichne einen Kleingarten immer als grünes Wohnzimmer für jemanden, der in einer Etagenwohnung lebt.

Wieso verzichtet die Stadt bisher auf einen Pachtzins?

Dieter Claar: Weil wir unsere Anlagen öffentlich zugänglich machen und selber pflegen. Das sieht der Generalpachtvertrag auch so vor. Aber wegen der seit 20 Jahren kontinuierlichen Abschmelzungen des städtischen Zuschusses für die Verwaltung und Instandhaltung der Infrastrukturteile der Gartenanlagen, kann der Stadtverband als Generalpächter diese Aufgaben nicht mehr erfüllen.

Was würde die Einführung des Pachtzins für den Stadtverband bedeuten?

Dafür muss die Stadt erstmal den bisherigen Vertrag mit uns kündigen. Und ob wir dann einen neuen Pachtvertrag annehmen, diskutieren wir Kleingärtner intensiv. Sollte es zum Pachtzins kommen, soll die Stadt die Kleingärten selber verwalten. So zwingen wir die Stadt zum Durchkalkulieren. Uns bleibt keine andere Wahl, als uns hier auf eine stille Revolution einzurichten und uns über die politische Meinungsbildung neu aufzustellen. Auch die von der Stadt beschlossenen Zuschuss-Kürzungen und die Pachtanhebung haben das Fass zum Überlaufen gebracht.