Es ist eine zwar kleine Ausstellung, die im Heimatmuseum Wanne-Eickel noch bis in den September hinein zu sehen ist, aber gleichwohl eine feine: „Fein’s Kindelein“ zeigt spezielle Aspekte des Kleinkinderlebens.
Nein, erstrebenswert war es sicher nicht, als Kind im 18. oder 19. Jahrhundert geboren worden zu sein. Darüber kann auch die feine Kleidung nicht hinwegtäuschen, mit der die gehobenen Kreise ihre Kleinen ausstattete: aufwendig gearbeitete weiße Pelerinen, Babyjäckchen und Tragekleidchen, verziert mit hochwertigen Stickereien und Fileteinsätzen. „Da waren Spitzenkräfte von Weißstickerinnen am Werk“, weiß Gabriele Wand-Seyer, stellvertretende Leiterin des Emschertal-Museums, die Handarbeit zu schätzen. „Aber sandkastenfreundlich war das natürlich nicht.“ Brauchte es wahrscheinlich auch nicht zu sein, denn zum einen war diese Kleidung nur für besondere Anlässe gedacht, zu anderen wurden kleine Kinder bis sie laufen konnten meistens in der Wiege, die im Elternschlafzimmer stand oder im Kinderwagen „verwahrt“. „Was das für die Entwicklung des Gehirns bedeutete, das Anregungen braucht, kann man sich denken“, so Wand-Seyer. Ein Beispiel für eine Wiege, die allerdings recht geräumig ist, ist auch in der Ausstellung zu sehen: Früher stand sie einmal auf dem Hof Pantring.
Der ebenfalls ausgestellte Laufstall und das Hochstühlchen aus der Biedermeier-Zeit waren da für den Nachwuchs schon richtige Fortschritte: Die Kinder konnten sich darin bewegen und am Leben der Familie teilhaben.
Weitere Schwerpunkte sind der Ernährung gewidmet und der Kinderpflege. „Nicht zu Stillen, ist kein Thema von heute“, sagt Gabriele Wand-Seyer. Gerade im Sommer hatten Landfrauen mit dem Stillen Probleme, wenn sie den ganzen Tag auf den Feldern waren. Kinder bekamen dann oft eine Ersatznahrung: Milch mit Mehl und Wasser gemischt, aus Behältern mit Zinn-Saugern - weder unter ernährungswissenschaftlichen noch unter hygienischen Aspekten ideal. Erst Flaschen aus Jena-Glas, die sich sterilisieren ließen und Plastik-Sauger verbesserten die Situation. Die Kindersterblichkeit war entsprechend hoch, Gabriele Wand-Seyer hat das mit Hilfe Herner Kirchbücher für einige Jahre dokumentiert. Manchmal starben einer Familie in einem Jahr sogar mehrere Kinder.
Ergänzt wird die Ausstellung durch Dokumente und schwarz-weiß Fotos, die Kinder in ihrer Strunz-Kleidung zeigen. Manches Kleidchen ist eins zu eins einer Publikation von Marie Niedner und Birgitta Hochfelder nachgearbeitet, die die führende Vorlage für Haushaltswäsche veröffentlichten.
Last but not least: Was heute vielen werdenden Eltern große Schwierigkeiten bereitet, war früher gar keine: die Namensgebung. Früher wurden die Kinder nach ihren Taufpaten benannt. Heute heißen sie „Pumuckel“ und müssen sehen wie, sie damit leben.