Wanne-Eickel. .
Mit dem Thema Mobbing haben sich 15 Schüler der Melanchthonschule dreieinhalb Monate lang in einer AG beschäftigt. Die Ergebnisse und einen eigenen Film haben sie jetzt ihren Mitschülern präsentiert.
Abgrenzen, wo Ärgern aufhört und Mobben anfängt. Das hinzukriegen, sagt AG-Leiterin Karin Hielscher, sei für die Jugendlichen bei der Auseinandersetzung mit dem Thema am schwierigsten gewesen. Und das, obwohl eigentlich alle Schüler bereits selbst direkt oder indirekt Erfahrungen mit Mobbing gemacht haben. Einmal in der Woche haben sich die AG-Teilnehmer mit drei Projektmitarbeitern des Vereins Ponte Courage getroffen. Sie haben recherchiert, diskutiert, Mitschüler und Lehrer befragt und schließlich Lösungen gefunden: Definitionen und Wege sich zu wehren und sich Hilfe zu holen. Was Mobbing vom Ärgern unterscheidet, wissen sie nun, ist, dass es sich länger hinzieht und es oft mehrere Täter gibt, dass die Beleidigungen und Demütigungen immer wieder passieren und dass am Ende die soziale Ausgrenzung steht.
Der Ort der systematischen psychischen Misshandlung kann der Schulhof sein, aber auch das Internet mit seinen gerade für Jugendliche so attraktiven sozialen Netzwerken wie Facebook, SchülerVZ oder Knuddels. „Wenn man da peinliche Bilder von jemandem einstellt oder Bedrohungen und Beleidigungen in einer E-Mail verschickt, ist das Cyber-Mobbing“, sagt Aleksandra (15) bei der Info-Veranstaltung mit anschließender Filmvorführung am Dienstagmittag in der Melanchthonschule. „Ich wusste gar nicht, was Gruppen- und Cybermobbing eigentlich ist. Und dass man auch mit SMS gemobbt werden kann, auch nicht“, erinnert sich der 14-jährige Güven an seinen Horizont vor dem Projekt. Er sei auch schon mal gemobbt worden, habe das erst ignoriert und später denjenigen zur Rede gestellt, sagt er. Das habe gereicht, um das Problem zu lösen.
Ähnliches erzählen auch seine Mitschülerinnen Esra (14) und Aleksandra. Also alles halb so schlimm? „Nein, es fällt nur unheimlich schwer, darüber zu sprechen, das Thema und den konkreten Fall öffentlich zu machen“, erklärt Karin Hielscher. Im Rahmen des Projektes haben dieselben Mädchen, die heute noch erzählen, kaum persönliche Erfahrungen mit dem Thema gemacht zu haben, jedoch von einer Freundin erzählt, die ihr Ex-Freund mit der Veröffentlichung eines Sex-Videos im Internet bedroht hat. „Dass sie davon erzählt, sich uns geöffnet hat, hat acht Wochen gedauert. Es zeigt, dass erst viel Vertrauen aufgebaut werden musste“, sagen die Projektmitarbeiter Win Paetzel und Nil Hüsmann. Auf Basis dieses Vertrauens konnten die Jugendlichen sich wertvolle Erkenntnisse erarbeiten: Dass es kein Petzen ist, wenn man einen Lehrer um Hilfe bittet. Dass es wichtig ist, sich früh zu wehren und auf andere aufzupassen. Dass man Netzwerk-Betreiber anschreiben und auf seine Rechte pochen sollte.
Die Ponte-Courage-Mitarbeiter sind begeistert von dem Engagement der AG-Teilnehmer und sicher, dass vieles bleibt von dem Projekt: „Die Schüler sind sensibilisiert für das Thema, das ist sehr wichtig“, so Win Paetzel. Aber nicht nur das. Das Video, aber auch Plakate mit Begriffsdefinitionen und einer Liste von Ansprechpartnern bleiben in der Schule - als Basis für die künftige Auseinandersetzung mit dem Thema.