Herne.
Was ist Herne eigentlich? Eine reine Schlafstadt, ein größerer Bochumer Vorort? Oder doch ein wichtiger Bestandteil der Kulturmetropole Ruhr? Fragt man Claudia Stipp vom Kulturbüro, ist die Antwort klar. „Viele Leute wissen gar nicht, wie viele Theater es hier gibt.
„Okay, sie kennen den Mondpalast, aber nicht viel mehr.“ Und eben das sei Aufgabe und Chance des Herner Kulturfestivals, das Stipp organisierte und das nun zum zweiten Mal im Gysenberg stattfand. „Es ist wichtig, dass zum Beispiel auch das kleine theater oder das Theater Kohlenpott mal eine Plattform bekommen.“
Gut 40 Institutionen und Vereine präsentierten sich am Wochenende im Revierpark. Die Kulturbetriebe profitieren durchaus von diesem Festival, sagen die Kreativen. Etwa Christian Ribbe, Leiter der Musikschule und Moderator des Bühnenprogramms: „Ich glaube schon, dass das ein geeignetes Forum für die Vereine ist.“
10 000 Besucher erhofften die Veranstalter. Das gute Wetter spielte ihnen, anders als 2009, in die Karten, das sonntägliche Fußball-Spiel hielt indes viele vom Ausflug in Hernes grüne Lunge ab.
„Wir wollten das eigentlich auf ein anderes Wochenende legen“, so Stipp, doch der enge Terminplan im Kulturhauptstadt-Jahr habe kein alternatives Datum zugelassen.
Nicht nur Kulturelle, auch Migranten-Verbände sollten sich während des Festivals zeigen können. Daher waren viele Vereine aus allen Stadtteilen gekommen, von West (Islamische Gemeinschaft Herne 2) bis Ost (Bildungs- und Kulturzentrum Horsthausen).
Eine willkommene Gelegenheit: „Schön, dass wir uns in der Öffentlichkeit präsentieren können“, sagte Faruq Al Italiani vom Marokkanischen Kulturverein, der unter anderem eine Moschee nahe des Wanner Hauptbahnhofs betreibt. Al Italiani und Kollegen boten Speisen feil, verteilten Bücher und Prospekte über ihren Glauben und suchten Gespräche mit Besuchern. Terrorismus und Frauenrechte, das waren die Themen, die die meisten Passanten interessierten.
Al Italiani malte dann gern ein sprachliches Bild: „Man kann noch so ein tolles Auto haben. Wenn man gegen eine Wand fährt, liegt das am Fahrer, nicht am Wagen.“ Seine Botschaft also: Nicht der Koran, nicht die Religion ist verantwortlich für das Schlechte, sondern Einzelne. Knapp 110 Mitglieder hat der Verein, der als marokkanische Gruppierung gegründet wurde, der inzwischen jedoch international ist. Sie stammen aus Serbien und Polen, Sri Lanka und Italien – und aus Deutschland, so wie Karim Sebbahi-Marciniak. Auch am Samstag trug er wieder traditionelle muslimische Tracht. „Ich gehe bewusst so“: Sebbahi-Marciniak nimmt es in Kauf, Aufmerksamkeit zu erregen, er sei schon „oft angemacht worden“ deshalb.
Am Samstagabend gab’s dann noch Musik von hier: Rap von Alidaxo, Rock und Pop von Lazy Jane und Diary. Ein Zugeständnis an die 20- bis 30-Jährigen, denn, so Claudia Stipp: „Die sind schwer zu erreichen.“