Das Schornsteinfegerhandwerk befindet sich im Umbruch. Eine ganze Reihe ineinanderverschachtelter Regelungen wurde und wird per Gesetz verändert. Das hat Auswirkungen für die Schornsteinfeger, aber auch für die Hauseigentümer. Ein Interview mit den Schornsteinfegern Detlef Albrecht und Uwe Bothur.

Das Schornsteinfegerhandwerk befindet sich im Umbruch. Eine ganze Reihe ineinanderverschachtelter Regelungen wurde und wird per Gesetz verändert. Das hat Auswirkungen für die Schornsteinfeger, aber auch für die Hauseigentümer. Susanne Meimberg hat mit dem Herner Bezirksschornsteinfegermeister Detlef Albrecht (im Bild) und mit Uwe Bothur, Vorstandsmitglied der Innung für den Regierungsbezirk Arnsberg, gesprochen, um ein wenig Licht in das Dunkel der Neuerungen zwischen Feuerstättenbescheid, Marktöffnung und Gebührenordnung zu bringen.

Herr Albrecht, fangen wir mit dem Aktuellsten an: Seit 1. Januar 2010 gilt eine neue Bundes-Kehr- und Überprüfungsordnung, kurz KÜO. Was verbirgt sich dahinter?

Albrecht: Die KÜO regelt das wichtigste Aufgabengebiet des Schornsteinfegerhandwerks, die Betriebs- und Brandsicherheit von Öfen und Heizungsanlagen. Sie regelt die Aufgaben der Schornsteinfeger und setzt die Gebühren dafür fest. Um einen bundesweit einheitlichen Leistungsumfang zu garantieren, wurden die bislang bestehenden Landesverordnungen in eine Bundesverordnung zusammengeführt. Was viele Bürger nicht wissen: Die Schornsteinfegergebühren machen nicht wir, die regelt das Bundeswirtschaftsministerium per Gesetz.

Welche Veränderungen ergeben sich für die Kunden?

Bothur: Mit der neuen Verordnung wurden mehr als 180 neue Kurzbezeichnungen für die verschiedenen Arbeiten und Feuerstätten eingeführt, das macht es dem Hausbesitzer nahezu unmöglich, die künftig durchgeführten Leistungen mit denen aus den Vorjahren zu vergleichen. Auf der anderen Seite sorgt die neue Gebührenstruktur für mehr Transparenz. Grundsätzlich sinken die Gebühren bei Häusern mit nur einer Abgasanlage und Feuerstätte. Höhere Gebühren sind hingegen in Mehrfamilienhäusern und für Feuerstätten für feste Brennstoffe, also Holz, Kohle und Pellets, zu erwarten. Die Kehr- und Überprüfungshäufigkeit von Abgasanlagen, Heizungen und Lüftungseinrichtungen ändert sich und die Kosten für die Reinigung von Schornsteinen werden künftig nicht mehr nach Stockwerken, sondern nach Metern berechnet. Wenn verschiedene Arbeiten, etwa an einer Öl- oder Gasheizung, zusammengelegt werden können, senkt das die Kosten.

Weitere Neuerungen ergeben sich aufgrund der Änderung des Schornsteinfegergesetzes. Zum 1. Januar 2013 wird es durch das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz ersetzt. Und bis dahin gilt quasi eine Übergangsregelung. Was passiert da konkret?

Albrecht: Bis zum 31.12.2012 muss jeder Hauseigentümer einen sogenannten Feuerstättenbescheid von seinem Bezirksschornsteinfeger ausgestellt bekommen. Darin sind alle Anlagen und die an ihnen durchzuführenden Kehr- und Wartungsarbeiten mit Fristen aufgelistet. Für den Bescheid fallen zusätzliche einmalige Kosten für den Kunden an, in Höhe von rund 12 Euro für ein Ein- und bis zu 30 Euro für ein Mehrfamilienhaus – sofern sich in dem Gebäude nichts ändert. Künftig trägt nicht mehr wie bisher der Bezirksschornsteinfeger, sondern der Hauseigentümer die Verantwortung dafür, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeiten an all seinen kehr-, überprüfungs- und messpflichtigen Anlagen fristgerecht durchgeführt werden. Kommt dieser seiner Pflicht nicht nach, droht ihm ein Bußgeldverfahren sowie eine Zwangskehrung und Messung über die zuständige Behörde.

Das hat damit zu tun, dass auf Drängen der EU das Monopol der Bezirksschornsteinfeger abgeschafft wird und der Kunde künftig frei wählen kann, von wem er die vorgeschriebenen Arbeiten durchführen lässt. Wie soll das aussehen?

Albrecht: Das bisherige Prinzip der vom Regierungspräsidenten auf Lebenszeit ernannten Bezirksschornsteinfeger gibt es ab 2013 nicht mehr. Stattdessen gibt es dann die Stelle des „bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers”. Diese wird immer für sieben Jahre ausgeschrieben. Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger führt ein Kehrbuch und überwacht die fristgerechte Durchführung der Arbeiten, die dann aber auch andere Schornsteinfeger durchführen können. Er ist auch derjenige, der bei Verstößen gegen den Feuerstättenbescheid bei der zuständigen Behörde Meldung machen muss.

Als Kunde kann ich bereits ab sofort einen anderen, sogar ausländischen Betrieb die anfallenden Arbeiten verrichten lassen, richtig?

Bothur: Prinzipiell ja. Voraussetzung ist, dass er aus der EU oder der Schweiz kommt und im Schornsteinregister des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – dem BAFA – registriert ist. Mit dem Feuerstättenbescheid verschicken wir derzeit auch Informationen an unsere Kunden. Wer keinen Wechsel will, für den bleibt alles beim Alten. Wer einen Wechsel will, der muss ein entsprechendes Formblatt ausfüllen beziehungsweise vom Betrieb ausfüllen lassen und an den zuständigen Bezirksschornsteinfeger schicken.

Ärgern Sie sich, dass Sie künftig Ihr Monopol abgeben müssen oder können Sie die Argumente der EU für eine Marktöffnung verstehen? Immerhin geht das Kehrbezirkmonopol noch auf das Jahr 1935 zurück.

Albrecht: Na ja, recht war uns die Gesetzesänderung nicht. Vor allem bringt sie Unmengen an Büroarbeit mit sich. Und bezüglich des freien Marktes möchte ich darauf hinweisen, dass wir uns als Schornsteinfeger ja bislang auch nie selbstständig machen durften und manchmal zehn oder 15 Jahre gewartet haben, bis uns ein Bezirk zugewiesen wurde.

Haben Sie Angst, Ihre Kunden an andere, billigere Dienstleister zu verlieren?

Albrecht: Im Bezug auf die kleinen Hausbesitzer mache ich mir kaum Sorgen. Zum einen besteht da ein über Jahre aufgebautes Vertrauensverhältnis: Die Leute geben uns die Schlüssel zu ihrer Wohnung oder zum Keller und fahren zur Arbeit. Zum anderen gehen wir bei unserer Arbeit nicht nur Häuser-, sondern Straßenweise vor, ein Dienstleister von außerhalb, der für jede einzelne Arbeit weite Anfahrten hat, kann das gar nicht leisten. Und schon gar nicht billiger. Immerhin reden wir hier eh nur über Schornsteinfegerkosten von 50 bis 65 Euro pro Jahr für ein Einfamilienhaus. Bei größeren Kunden, etwa Wohnungsbaugenossenschaften, könnte sich allerdings etwas tun. Das müssen wir abwarten. Für die Abnahme von Abgasanlagen und neuen Feuerstätten ist auch weiter der bevollmächtigte Schornsteinfeger zuständig.

Immerhin dürfen Sie als Schornsteinfeger künftig auch andere Arbeiten verrichten und können Ihre Preise auch selbst machen, oder?!

Bothur: Damit wir uns andere Einnahmequellen erschließen können, gibt es ja diese Übergangsregelung. Wir machen schon lange viele Fort- und Weiterbildungen, neue Arbeitsbereiche können die Energieberatung sein oder die Arbeit als Bau- oder Brandinspektor. Im November 2009 haben wir mit fast allen 320 Schornsteinfegern der Innung im Regierungsbezirk Arnsberg die Domus GmbH gegründet, um uns ein zweites Standbein zuzulegen – das könnte zum Beispiel der Verkauf von Kaminöfen sein. 2013 fällt die Gebührenordnung der KÜO weitgehend weg, nur für die Pflichtaufgaben des beauftragten Bezirksschornsteinfegers – die Bauzustandsbesichtigung und die Feuerstättenschau – gibt es dann noch gesetzlich festgelegte Gebühren, der Rest ist privatisiert. Trotzdem liegt uns daran, das Niveau der alten Gebühren zu halten, um unsere Kunden langfristig zu binden. Für den Preis kann nämlich kein Fremder arbeiten.